Wieder Abstiegskampf: Schalke muss Argumente liefern

Im Abstiegskampf muss Königsblau die Abstumpfung der Anhänger verhindern. Dabei braucht der Klub seine Mitglieder bald mehr denn je

|21. Oktober 2024|
Wieder Abstiegskampf: Schalke muss Argumente liefern
Wieder Abstiegskampf: Schalke muss Argumente liefern

Foto: Imago / Huebner

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Schalke 04 verliert auch beim Pflichtspieldebüt seines Trainers und muss aufpassen, dass es seine Mitglieder bei Laune hält. Denn die braucht der Klub bald mehr denn je. „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele“, lautet das Zitat von Friedrich Wilhelm Raiffeisen – einer der Initiatoren der genossenschaftlichen Bewegung in Deutschland. Nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe will der FC Schalke 04 zukünftig den 160-Millionen-Euro-Verbindlichkeits-Karren aus dem Dreck ziehen – mit Unterstützung seiner rund 190.000 Mitglieder. Und natürlich interessierten Unternehmen, die ebenfalls Anteile erwerben können.

Ausgerechnet das erste Spiel nach der Bekanntgabe der Fördergenossenschaft in Hannover (0:1), das sich wohl in eine der langweiligsten und uninspiriertesten Vorstellungen der Königsblauen einreihte, wurde in den Sand gesetzt. Jegliche „Anfangseuphorie“ nach dem Trainerwechsel ist verpufft. Die Stimmung ist am Siedepunkt – und das mindestens seit dem Abstieg 2023.

Entgegen des aktuellen Trends hält der Verein an seinem Dreijahresplan fest, der in der kommenden Saison in der Bundesliga-Rückkehr münden soll. Helfen soll nun ein zweistelliger Millionenbetrag, der aus dem ersten Projekt der Fördergenossenschaft, die Veltins-Arena, erwirtschaftet werden soll.

Aufgrund der seit Jahren andauernden sportlichen Misere und finanzieller Altlasten kommt der Klub aus eigener Kraft offensichtlich nicht schnell genug auf die Beine. S04 wirkt sportlich, finanziell und emotional ausgelaugt. Viele Fans sind mittlerweile hoffnungslos, lethargisch und sarkastisch. Sie erwarten nichts oder nicht viel und werden dennoch oft enttäuscht.

Die letzten beiden Abstiege und die vielen zum Teil peinlichen Niederlagen in der Bundesliga und 2. Bundesliga haben Spuren hinterlassen. Wie oft standen Schalker Mannschaften in den vergangenen vier Jahren mit gesenkten Köpfen vor der Heim- oder Auswärtskurve? Ich habe zum Glück nicht mitgezählt.

Jetzt droht Schalke erneut ein zäher Abstiegskampf bis ins letzte Saisondrittel hinein. Geändert hat sich im Vergleich zur letzten Spielzeit nämlich zumindest nach Punkten fast nichts: S04 hat auf Platz 14 einen Zähler mehr auf dem Konto als zum vergleichbaren Zeitpunkt der vergangenen Spielzeit. Große Teile der Mannschaft haben die letzte Spielzeit miterlebt. Ob das jetzt positiv oder negativ ist, wird sich zeigen.

„Wir dürfen es nicht so weit kommen lassen wie in der vergangenen Saison“, sagt Kapitän Kenan Karaman. Ron Schallenberg meint: „Wir werden die Situation nicht unterschätzen und wissen, wie brisant sie ist.“ Kees van Wonderen betont dagegen den Prozess und weist Zauberkräfte von sich: „Ich habe es schon einmal gesagt, ich bin kein Harry Potter.“ Die Antworten des neuen Schalke-Trainers waren leider genauso passiv wie die Leistung auf dem Rasen.

Antworten wird es definitiv auch am 16. November bei der Mitgliederversammlung geben – mindestens was die Fördergenossenschaft angeht. Die Verantwortlichen werden sich schlagkräftige Argumente überlegen müssen, warum Schalkes Mitglieder ausgerechnet in diesen ungewissen Zeiten ihre finanzielle Solidarität noch stärker als eh schon zum Ausdruck bringen sollten.

Die handelnden Personen stehen insgesamt vor der Aufgabe, einer größer werdenden Abstumpfung der Anhänger entgegenzusteuern. Die mag angesichts einer beeindruckenden Choreo und weit über 4500 stimmgewaltigen Fans in Hannover vielleicht nicht direkt ersichtlich gewesen zu sein, doch bei weiteren Negativergebnissen könnten auch die Gesänge wieder vorzeitig verstummen. In den sozialen Medien ist Resignation bereits eindeutig zu vernehmen.

Ob die Anhänger dem Aufruf Schalkes, Anteile an der Genossenschaft zu erwerben, folgen werden, ist nicht die Frage. Vielmehr geht es darum, wie viele einen Beitrag von unter 750 Euro, wie Tillmann schon verlautbaren ließ, leisten werden. Hohe Renditen wären ja laut des Vorstandsvorsitzenden nicht zu erwarten. Insofern müssen Tillmann und Co. wohl einmal mehr das Gemeinschaftsgefühl beschwören.

Eine genossenschaftliche Tristesse wäre sicher das Letzte, was der eigentlich hochemotionale und energiegeladene Klub in diesen schwierigen Tagen gebrauchen könnte.