zum Inhalt

VfB Dritter! Was hat Hoeneß, das Tuchel nicht hat?

Drei Spiele, sechs Punkte, zehn Heimtore: In Stuttgart gibt's jetzt die etwas andere Trainerdiskussion

Foto: Imago / Sportfoto Rudel

Inhaltsverzeichnis

In der Umkleidekabine des VfB Stuttgart sieht es gerade aus, als habe letzte Nacht jemand eingebrochen und dabei alle guten Spieler mitgenommen. Und das Beste daran: Den Leuten beim VfB ist das vollkommen wurscht. Hauptsache, der Trainer ist noch da.

Okay, ganz so ist es nicht passiert, die Wahrheit ist: Niemand musste beim VfB einbrechen. Die Schwaben hatten, um im Bild zu bleiben, den Schlüssel zur Kabine mit Absicht stecken lassen.

Wenn es ein "Handbuch der Sommertransfervernunft" gäbe, hätten die Klubverantwortlichen gegen sämtliche Regeln, die drinstünden, verstoßen: Sie haben nämlich ihre besten Profis verkauft.

Für 48 Millionen Euro immerhin.

Zur Strafe sind sie jetzt Tabellendritter. Sie haben, wie man in Stuttgart sagt: "A G'schäftle g'macht!"

VfB Stuttgart: 5:0, 1:5, 5:0! Das ist ja völlig ballaballa!
Wieder Mega-Party in Bad Cannstatt! Nach dem 5:0-Heimsieg gegen Bochum am 1. Spieltag fegt der VfB Stuttgart jetzt auch Freiburg mit 5:0 aus der Arena.

Man muss sich diese Frage wirklich einmal laut vorlesen: Was erwarten Fans eigentlich noch von ihrem Lieblingsverein, wenn er in der Vorsaison quasi schon abgestiegen war, von einem neuen Trainer auf Platz 16 hochdefibrilliert werden musste, die Relegation überstand – und als Konsequenz den Nationalspieler Konstantinos Mavropanos (Arsenal), den Nationalspieler Wataru Endo (Liverpool) und den Nationalspieler und WM-Dritten Borna Sosa (Amsterdam) abgegeben hat? Wenn der Verein also drei Stützen freiwillig abbaut, gegen die die Säulen der Akropolis Ikea-Pax-Seitenwände sind?   

Richtig: Nix erwarten sie von ihm.

Doch die Fans bekamen trotzdem alles und stehen jetzt Kopf: Der VfB hat nach drei Spieltagen sechs Punkte auf dem Konto. So viele wie in der vergangenen Saison unter Pellegrino Matarazzo nach neun Spieltagen nicht. Matarazzos Nachfolger Bruno Labbadia strich beim VfB übrigens fünf Monatsgehälter lang nur drei Bundesligapunkte ein.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

Am Samstag überrannte die Stuttgarter Diätelf den Europa-League-Teilnehmer SC Freiburg mit 5:0. VfB-Stadionsprecher Holger Laser sagte kurz vor Schluss, als die Leute beinahe durchdrehten vor Glück, einen lustigen Satz: „Ich will ja nicht stören, aber ich muss kurz die Nachspielzeit durchsagen.“

10:0 Tore lautet jetzt die Quote aus den zwei Heimspielen, so etwas schafft der VfB sonst nur, wenn die Busfahrer der Gegner das Stadion nicht gefunden haben.

Woran liegt's? Wenn nicht am Kader, dann ist man schnell beim Chef an der Seitenlinie. So gesehen, gibt es im Ländle gerade eine echte Trainerdiskussion: Alle diskutieren darüber, ob Sebastian Hoeneß zaubern kann.

Hoeneß hat mit einer Absteigertruppe mehr Punkte eingefahren als Bayern-Coach Thomas Tuchel mit dem sechstbesten Kader der Welt. Das ist wahr und belegt. Beide kamen sie vor fünf Monaten zu ihren Klubs, beide absolvierten seither genau 16 Pflichtspiele – Tuchel erzielte einen Punkteschnitt von 1,81, Hoeneß schaffte sensationelle 1,94.

Leute, mit dem VfB!

Streich: “Spitzenmannschaft? Ich lach mich kaputt”
Das krachende 0:5 beim VfB Stuttgart war nicht der erste überraschende Ausrutscher des SC Freiburg in diesem Jahr. Mittelfeldspieler Eggestein erinnert sich. Teamkollege Grifo leidet. Und Coach Streich findet deutliche Worte und ordnet die Lage seines Klubs ein.

Mit Stuttgart im Jahr 2023 durchschnittlich 1,94 Punkte zu holen ist wie mit dem HSV nach einem 2:0 gegen Rostock eine Wildcard für die Klub-WM bekommen: verträumt, abstrus, surreal, verrückt, unmöglich.

Kennt eigentlich einer das Erfolgsgeheimnis von Sebastian Hoeneß? Ich nicht. Vielleicht selbst er nicht. Tatsache ist: Er holt transferunabhängig seit Monaten das Beste aus dem VfB raus und hat seinen Spielern viel Selbstvertrauen gegeben, heißt es.

Ich bin schon jetzt gespannt, welche Topspieler in der Winterpause verkauft werden, um das hohe Niveau zu halten.

Steudel-Kolumnen gibt es auch als Buch! Titel: "Die nächste Kolumne ist immer die wichtigste". 276 Seiten, 14,95 Euro. Wer's sofort will: Hier bestellen! Wer fürs gleiche Geld ein signiertes Exemplar bevorzugt: Mail an post@alexsteudel.de.

Kommentare

Aktuelles