XIII statt XXL: Am Sonntag wird Leverkusen der Dreizehnte
Erst zwölf Vereine haben seit dem Bundesliga-Start 1963 die Schale gewonnen – jetzt kommt der Werksklub dazu
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Leute, holt die Taschentücher raus, es wird viel geheult werden. 43.752 Tage nach Gründung des „Turn- und Spielverein 1904 der Farbenfabrik vormals Friedrich Bayer Co. Leverkusen“, kurz: TUS 04, ist es womöglich geschafft, und das 100 Jahre andauernde Warten hat ein Ende.
Also zumindest für diejenigen, die über 100 sind.
Damit ist dieser Text unter Umständen ein historisch besonders wertvoller: meine letzte Kolumne der Ära Vizekusen. Am Wochenende wird Bayer 04 Leverkusen mit nicht allzu kleiner Sicherheit zum ersten Mal Deutscher Meister. Ein Sieg gegen Werder Bremen reicht.
Sonntag ist Leverkusen der Dreizehnte. Oder wie wir Lateiner schreiben: XIII.
Denn Bayer Leverkusen wird – ob am Sonntagabend oder später – der erst 13. Bundesliga-Meister sein nach:
Bayern München (32 Titel)
Borussia Dortmund (5)
Borussia Mönchengladbach (5)
Werder Bremen (4)
Hamburger SV (3)
VfB Stuttgart (3)
1. FC Köln (2)
1. FC Kaiserlautern (2)
TSV 1860 München (1)
1. FC Nürnberg (1)
Eintracht Braunschweig (1)
VfL Wolfsburg (1)
Rechenkünstler haben es bestimmt schon beim Lesen überschlagen: In der Bundesliga holten die Bayern mehr Meisterschalen als alle anderen Titelträger zusammen. Und Schalke-Fans suchen ihren Vereinsnamen wie immer vergeblich – Bayer hat bald weniger Durststrecke als die Knappen, die seit 66 Jahren auf die Meisterschale warten.
Das Besondere am Titelgewinn der Leverkusener: die Art und Weise. Kein Rudi Völler weit und breit, kein Calli Calmund, den sie früher XXL-Manager nannten. Geschafft hat das lange Zeit Undenkbare, das XIII statt XXL: der smarte Jüngling Simon Rolfes (42).
Mit ihm als Sportchef wurde Xabi Alonso Trainer, und unter dem Spanier steht in dieser Saison genau keine Niederlage zu Buche. Sogar das Triple mit der Europa League (gestern 2:0 gegen West Ham im Viertelfinal-Hinspiel) ist möglich.
Wie konnte das passieren?
Eigentlich gar nicht. Ich habe in der Zeit vor dem Saisonstart 40:1-Meisterquoten für Bayer gefunden. Selbst der Aufstieg des HSV war wahrscheinlicher, und das will was heißen. Im August 2023 stand auf einer Wettanalyseseite auch dieser schöne Satz: „Neben Bayern, Dortmund und Leipzig dürfte keine Mannschaft eine realistische Chance auf den Meistertitel haben.“ Kicher.
Diese womöglich letzte Kolumne der Ära Vizekusen soll nicht ohne Eigenlob enden. Ich bin nämlich bei der Recherche auch auf mich selbst gestoßen. Am 21. August 2023 schrieb ich an dieser Stelle, Leverkusen sei „Titelkandidat“. Wenn das mal nicht ein paar andere Fehlprognosen von mir mehr als aufwiegt.
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