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Bundesliga-Traumstart: Zieh' dich warm an, Premier League!

Stuttgart ist Tabellenführer, Harry Kane trifft, Begeisterung überall, 34 Tore – und Sätze, die die Welt aufhorchen lassen

Foto: Imago / Pressefoto Baumann

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Mein schönstes Saisonauftakterlebnis: Harry Kane schießt sein erstes Tor. Das heißt, ich meine eigentlich nicht das Tor selbst, sondern eher den Moment, nachdem der Engländer am Freitag in Bremen zum 2:0 getroffen hatte und eine Kamera ins Publikum schwenkte. Was sie zeigte: Die Werder-Fans waren zwar nicht glücklich, ihre Niederlage gegen den FC Bayern besiegelt; doch ein paar Grünweiße lächelten.

Sie lächelten wirklich. Ich habe es selbst gesehen. Und ich lächelte auch, obwohl ich gerade die erste Meine-Ersparnisse-Tilgungsrate in Höhe von 24,99€ an DAZN überwiesen hatte.

Dass Menschen aus Bremen einem Bayern-Spieler ein Tor gönnen, hat es in der Fußballgeschichte noch nie gegeben – das heißt, eigentlich stimmt das nicht ganz: bei Eigentoren der Münchner passiert es manchmal.

Das Spiel war auch ansonsten großartig. 4:0 gewannen die Bayern. Tempo: hoch. Begeisterung auf den Rängen: grenzenlos. Selbst Thomas Tuchel rang mangels Kritikpotenzial um Fassung, der Bayern-Trainer erreichte für einen kurzen Moment einen fast schon zufriedenen Zustand.

Das geht ja gut los, dachte ich.

Und da ahnte ich noch nicht, was der nächste Tag bringen, dass die Bundesliga dann erst richtig loslegen sollte: 24 Tore fielen in sechs Samstagspielen, Torschnitt also: vier.

Und überall diese Begeisterung. Die Bundesliga legte einen Traumstart hin.

In jedem Stadion geschahen verrückte Dinge. Acht Tore fielen in Augsburg. Leverkusen besiegte Titelkandiat Leipzig in einem epischen Spiel und ist jetzt selbst Titelkandidat.

Und als wäre das des Verrückten nicht genug: Um elf Heidenheimer Fußball spielen zu sehen, waren 22.620 Menschen in ein Stadion gekommen.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

Die Zahl klingt erst mal nicht besonders, doch man muss dazu wissen: Sie wurde in Wolfsburg erzielt, wo die Leute eher zur Livereparatur eines VW Golf kommen würden als zu einem Fußballspiel des Werksklubs.  

Und dann: Sage und schreibe 53.000 Fußballfans kamen, um den VfL Bochum zu sehen! 53.000! Den VfL Bochum! Eine Mannschaft mit Spielernamen, die wahllos von KI erstellt oder einem Telefonbuch entnommen worden sein könnten. Wie verrückt muss man eigentlich sein?

Und alle im Stadion trugen VfB-Trikots, was toll aussah.

Die gierigen Schwaben wurden belohnt, und damit kommen wir zur nächsten unglaublichen Geschichte des Wochenendes. Der VfB hatte gerade seinen besten Mann Wataru Endo nach Liverpool verkauft und wurde aus Trotz Tabellenführer. 5:0.

Wir reden hier von nicht weniger als einer Transferpolitikrevolution. Wenn das Stuttgarter Beispiel Schule macht, stehen bald Olmo, Wirtz und Kane zum Verkauf, und Union Berlin, das Mainz am Sonntag dank eines Behrens-Dreierpacks besiegte, kann Robin Gosens und Kevin Volland gleich wieder verkaufen.

Endlich ist die Sommerpause rum!

Ja, es gab fast kein Spiel, das nicht alle vom Hocker riss, überall herrschte sensationelle Stimmung, die Menschen stürzten sich wie ausgehungert auf die neue Bundesliga.

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Ich musste an Robinson Crusoe denken, der nach auffreibenden Wochen auf dem offenen Meer endlich in der Zivilisation ankommt, und das Erste, was er sagt: "Ich brauche jetzt unbedingt ein Schweineschnitzel mit Pommes und ein Bier. Aber vorher guck' ich Bundesliga."

Sechs Millionen guckten allein auf Sat.1 Bremen-Bayern. 34 Tore fielen am Ende insgesamt.

Am Freitag hat übrigens Harry Kane die besten Sätze gesagt, sie fassten perfekt zusammen, was ich hier seit Minuten mühsam zusammentippe, er hat das Schönste gesagt, was die Bundesliga seit vielen Jahren gehört hat.

"Es war großartig, um ehrlich zu sein", sagte Kane. "Die Fans auf beiden Seiten waren über das komplette Spiel unglaublich. Das ist wirklich ganz anders als die Atmosphäre, die manchmal in der Premiere League herrscht. Ich habe es wirklich genossen."

Dieses Statement lässt die Fußballwelt aufhorchen. Es wird in der nächsten TV-Auslandsvermarktungsrunde der Bundesliga mindestens die Hälfte der 100 Millionen zusätzlich einbringen, die der FC Bayern für Kane auf den Tisch gelegt hat.

Premier League, jetzt zieh' dich mal besser warm an. Se Germans are komming.

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