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So will ich CR7 nie mehr sehen!

Für einen Moment war Cristian Ronaldo ganz der alte Egomane aus Portugal: Er wurde bei der Georgien-Blamage ausgewechselt und schnaufte vor Wut

Foto: Imago / Xinhua

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Wenn ich seine Fotos auf Instagram durchstöbere, entdecke ich sofort ein sonnenverwöhntes Muskelpaket, das gut riechen will: Cristiano Ronaldo versprüht ein Parfüm, das seinen Namen trägt und seine Rückennummer - die Sieben. Er macht kein Geheimnis daraus: CR7 ist eine Marke und braucht eine verkaufsfördernde Verpackung. Was ich auf dem Rasen vermisse: den Inhalt.

Als Cristiano Ronaldo bei der Georgien-Blamage (0:2) ausgewechselt wurde, war er für einen Augenblick ganz der alte bei Portugal. Er kickte gegen irgendetwas, das auf dem Boden lag, und stellte seine Wut kameratauglich zur Schau. Ob er über seine Leistung oder doch über seine Auswechslung sauer war: Man weiß es nicht. Auf dem Rasen war er nicht der CR7, den ich liebe.

Hier wackelt ein Denkmal. Er hat in zwei Jahrzehnten für Portugal an sechs EM-Turnieren teilgenommen und 14 EM-Tore erzielt - keiner hat mehr. Das Georgien-Spiel war sein 50. Turnierspiel ever - das hat noch kein Europäer vor ihm geschafft. Zur Wahrheit gehört aber auch: In drei Vorrundenspielen erzielte er keinen einzigen Treffer. Sowas kennt man nicht von ihm.

Schon nach dem ersten EM-Spiel schrieb ich: Der Europameister von 2016 ist ein Schatten seiner selbst nach anderthalb Jahren Gastarbeit in Saudi Arabien. Wir haben uns kurz gefreut, als er beim 3:0 gegen die Türkei eben nicht eigennützig aufs Tor schoss, sondern den Ball quer zum besser postierten Bruno Fernandes schob. Wir dachten: Aus dem Egomanen ist ein Mannschaftsspieler geworden.

Nun der Wutanfall am Spielfeldrand. Ein trotziges Kind, das nicht mehr mitspielen darf. Keine Legende, die ihren Ruhm genießt. Ronaldo sollte von Luka Modric lernen: Er spielt inzwischen bei Real Madrid eine Nebenrolle, gewinnt aber zum sechsten Mal die Champions League und führt seine Kroaten fast ins Achtelfinale. Alle Welt bewundert ihn und leidet mit. Er ist eine Ikone.

Auch CR7 ist eine noch viel größere Ikone - eine aus der Vergangenheit. Er macht sich in Saudi Arabien die Taschen voll, wo Sport Zeitvertreib ist und kein Wettbewerb der Besten, pflegt seine Marke und verkommt bei den EM-Spielen zum Maskottchen. Die Flitzer laufen zu ihm auf den Rasen, weil er berühmt ist, und nicht mehr, weil er die schönsten Turniertore erzielt. Er trifft ja nicht mehr.

Die Tore auf dem Rasen schießen andere. Und schleppen ihren Starspieler für Trainer Martinez durchs Turnier, weil CR7 seit den ersten Länderspielen 2004 zum Nationalheiligen aufstieg. Denen stellt man eigentlich eine Statue irgendwohin und gut ist. Die hat Ronaldo seit 2019 schon, 800 Kilo schwer und 3,40 Meter groß auf Madeira. Er will trotzdem auf den Rasen und mitlaufen.

Ronaldo ein Mitläufer? Ich kann mich an den Gedanken nicht gewöhnen. In seinem Wettstreit mit Lionel Messi, der anderen lebenden Legende, gehörte ich immer zum Team CR7. Ich liebe und liebte die Diva Ronaldo - aber so wie jetzt in der EM-Runde will ich ihn nicht mehr sehen. Er soll in Ehren ergrauen, Fotos posten und gut riechen. Das reicht. Ich hole mir bei ihm dann ein Selfie.

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