Klopp kapituliert vor Nagelsmann – vorerst

Der kluge Schwabe weiß: Um Bundestrainer zu werden, braucht es eine DFB-Krise UND eine RedBull-Vergangenheit

|14. Oktober 2024|
Klopp kapituliert vor Nagelsmann – vorerst
Klopp kapituliert vor Nagelsmann – vorerst

Foto: Imago / Jan Huebner

Mit kaum einem Thema musste ich mich so lange und intensiv beschäftigen wie mit Jürgen Klopps Wechsel auf die dunkle Seite der Macht. Unzählige Menschen suchen seit Tagen Halt und Trost bei mir. Es ist fast, als sei jemand von uns gegangen. Und machen wir uns nichts vor: Für echte Traditionalisten ist Klopp tatsächlich sprichwörtlich gestorben, als er zur Dose griff.

Ich gehe auf den ideologischen Teil des Transfers in dieser Kolumne aber nicht weiter ein, und zwar aus Trotz: Ich wäre ja der weltweit Vorletzte, der das derart kommentiert. Nur der Papst hat, glaube ich, noch nichts gesagt.

Ich sehe das Ganze einfach nur egoistisch: Dass einer der erfolgreichsten deutschen Klubtrainer zu den roten Bullen wechselt, beweist am Ende nur, wie gut es meinem geliebten deutschen Fußball geht.

Wäre es anders, stünde nämlich Klopp heute Abend gegen die Holländer mit rotem Kopf und weißen Zähnen an der Seitenlinie der Allianz-Arena. Nein, dem Mann muss in den letzten Wochen und Monaten schmerzlich bewusst geworden sein, dass er vor der nächsten WM nicht Bundestrainer wird, weil Julian Nagelsmann fast alles richtig macht, seit er die Graugänse übernommen hat.

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Bestimmt hat Frau Klopp irgendwann den Braten gerochen (nicht den Gänsebraten, sorry für die unpräzise Metapher) und zu ihrem Jürgen gesagt: „Du kannst hier nicht jahrelang auf der Couch sitzen und darauf warten, dass Deutschland gegen Liechtenstein verliert. It’s not gonna happen! Geh‘ raus und such‘ dir einen Job!“

Das hat er dann auch getan, aber nicht besonders subtil. Jede(r) E-Jugendliche weiß inzwischen, dass Stürmer dahin gehen, wo es wehtut, und Schwaben dahin, wo das meiste Geld fürs wenigste Arbeiten winkt.

Laut Sky bekommt Klopp vom 1. Januar 2025 an zehn bis zwölf Millionen Euro im Jahr. (Was ein Witz ist, denn allein die Bekanntgabe des Wechsels hatte bestimmt einen Marketingwert von 50 Millionen Dosen.)

Klopp ist dann „Global Head of Soccer“, was für mich ein bisschen nach Frühstücksdirektor klingt. Aber ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen und zum Mittagessensdirektor runterhandeln.

Bei Klopps Entscheidung hat sicherlich auch eine ganz andere Sache eine Rolle gespielt: Er weiß, dass man heutzutage bei SAP und/oder RedBull gearbeitet haben muss, um für die höchsten Ämter ausgewählt werden zu können, die deutschsprachige Fußballnationen zu bieten haben. Beweis: Julian Nagelsmann, Hansi Flick und Ralf Rangnick (Österreich) lernten sogar alle bei Hopp UND Mateschitz.

Bei Dietmar und Dietrich also. Klingt ähnlich? Viel Stoff für Verschwörungstraditionalisten!

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