Klassentreffen Königsklasse: Sogar der Papst spielt mit
Wir schreiben dem Fußball die Geschichten, bevor er sie selbst schreibt: Was für Bayern und BVB in der Champions League spricht
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Von Christian Gödecke
Dass in der Champions League alles (!) auf eine Neuauflage des Wembley-Finals 2013 zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund hinausläuft, habt Ihr womöglich auch schon im Gefühl, oder? 2024 findet das Endspiel erneut im viel zu teuren Stadion in London statt, und weil offenbar auch der Fußball richtig Bock auf diese Konstellation hat, stehen Bayern und der BVB zum ersten Mal seit damals wieder im Halbfinale. Dann gibt es natürlich noch Harry Kane, der in Wembley ja sehr viel Zeit verbracht hat, und was wäre das denn bitte für eine Geschichte, dass der Kapitän der englischen Nationalmannschaft in England seinen ersten Titel überhaupt gewinnen kann?
FCBBVB, Wembley24 ist ein weiteres Kapitel des Sammelbandes „Geschichten, die der Fußball schreibt“, in dem ausschließlich Erzählungen versammelt sind, die aufgrund unglaublicher Konstellationen einfach wahr werden mussten. Selbst die rationalsten Fußballfans haben dieses Buch im Regal, weil im Fußball noch jeder traditionell sämtliche Zweifel fahren lässt, wenn ein Ergebnis doch bitte bitte eintreten soll und muss; manchen reicht es schon, wenn der Schiedsrichter irgendwann in grauer Vorzeit mal einen Sieg der Mannschaft gepfiffen hat, die doch bitte gewinnen soll. Andere wälzen historische Begegnungen und suchen nach Mustern, ausschließlich passenden natürlich.
Amateure!
Ich bin überzeugt, dass das alles viel zu oberflächlich angegangen wird. Es wird zur Neuauflage des Finals von 2013 kommen, das ist völlig klar. Nur die wirklichen Gründe für das Comeback der Geschichte liegen viel tiefer. Hier sind ein paar davon. Mit denen könnt Ihr gern bei Euren Freunden angeben, und wenn es dann doch nicht so kommen sollte (ausgeschlossen, aber es ist eben Fußball), dann könnt Ihr es gern auf mich schieben. Oder den Schiedsrichter.
Darum kommt der BVB ins Finale
Viertelfinale 2013, Dortmund traf auf eine spanische Mannschaft (Malaga) und siegte nach Drama. Klar, dass es mit Atlético Madrid auch 2024 eine spanische Mannschaft war, die gegen den BVB in der Runde der letzten acht knapp scheiterte. Und es gibt noch weitere Parallelen: Die Stützen von Malaga und Madrid waren damals wie heute Argentinier hinten und vorne (Diego Lugano, Javier Saviola bzw. José Gimenez und Angel Correa) und ein Franzose im Mittelfeld (Jeremy Toulalan bzw. Antoine Griezmann).
Die Trainer Manuel Pellegrini (Malaga) und Diego Simeone (Madrid) arbeiteten bei genau einem Verein beide. CA San Lorenzo heißt der Klub aus Argentinien, und bekanntlich ist dort Papst Franziskus Mitglied und bekennender Fan. Aber jetzt seht Euch sich dieses Video an:
Ein Fußballfan warf 2015 dem Pontifex einen Ball zu. Der höhere Plan dahinter: Franziskus sollte zum Fan dieses Ballsportvereins konvertiert werden. Der Ball war, natürlich, schwarz-gelb, und der Heilige Vater fing ihn auch noch. Fragen?
Wir müssen eigentlich nicht erwähnen, dass sowohl am 9. April 2013 als auch 16. April 2024 nahezu identische äußere Bedingungen herrschten. An beiden Tagen lag die Tiefsttemperatur bei 6 Grad Celsius, es herrschten 79 bzw. 80 Prozent Luftfeuchtigkeit und ein Luftdruck um die 1000 Hektopascal. Sogar das Spielfeld war gleich groß. Irre, oder?
Im Halbfinale treffen die Dortmunder auf Paris St. Germain. Dass der BVB da weiterkommt, steht natürlich eh fest. 2013 hieß der Gegner nämlich Real Madrid. Wenn ich jetzt erzähle, dass in beiden Mannschaften jeweils ein Profi am 11. Februar Geburtstag hat (Milan Skriniar bei PSG bzw. José Callejon bei Real), dann könnt Ihr das gern als Zufall abtun. Aber es gibt sogar noch zwei weitere Spieler mit dem gleichen Ehrentag! Real-Maestro Luka Modric und Paris-Kante Danilo sind beide am 9. September geboren!
Darum kommen die Bayern ins Endspiel
Die Heynckes-Bayern 2013 ließen im Halbfinale dem FC Barcelona keine Chance (4:0 und 3:0). Klar, dass es auch 2024 ein spanischer Gegner ist, der die Segel streichen wird: Real Madrid. Aber Real ist ja nicht Barcelona, werdet Ihr jetzt einwenden, und das stimmt natürlich. Aber sowohl Jupp Heynckes als auch Thomas Tuchel wussten zum Zeitpunkt des Halbfinals bereits, dass sie am Ende der Saison den Klub verlassen würden. Heynckes war mal Trainer bei Real Madrid, Tuchel wäre es gern bei Barcelona, das hat er sogar selbst gesagt!
Wem das noch nicht reicht, für den kommen hier noch ein paar wirklich harte Fakten. Real Madrid scheiterte auch 2013 im Halbfinale, nur dort eben an Borussia Dortmund (siehe oben). Real setzte sich im Viertelfinale nach Unentschieden in Hin- und Rückspiel gegen Manchester City durch, selbstverständlich endeten auch Barcelonas Viertelfinal-Partien 2013 (gegen Paris St. Germain) jeweils mit einem Remis.
Trainer bei Paris damals übrigens: Carlo Ancelotti, heute bei Real an der Seitenlinie. Der hat zwar noch nie gegen Bayern verloren (außer gegen Uli Hoeneß als Bayern-Coach), aber, Ihr ahnt es, eine negative Bilanz gegen Thomas Tuchel (neun Spiele, drei Siege, zwei Unentschieden, vier Niederlagen). Der Immer-noch-Bayern-Trainer hat gegen Real Madrid überhaupt erst ein Mal verloren, und das in insgesamt acht Spielen. Achja: Historisch gesehen spricht auch sonst nicht viel für einen Real-Sieg. Von sieben Duellen in einem Halbfinale von Champions League oder Landesmeister-Cup gewannen die Bayern vier. Also fast alle.
Christian Gödecke war Sportchef beim SPIEGEL und hat danach Fußball-Apps entwickelt. Jetzt ist er Formatentwickler und Medienberater – und schreibt immer noch gern über Fußball. Mehr Infos: www.formatentwickler.com