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Hundebiss vor 55 Jahren und 5 Fakten, die man wissen muss

Eines der berühmtesten Fotos der Bundesliga-Geschichte: Ein Schäferhund beißt dem Schalker Friedel Rausch in den Hintern. Die Folgen bringen jeden zum Schmunzeln

Foto: Imago / Horstmüller

Inhaltsverzeichnis

Zu den berühmtesten, weil kuriosesten Verletzungen der Bundesliga-Geschichte gehört der Hundebiss in den Allerwertesten des damaligen Schalkers Friedel Rausch im Revierderby bei Borussia Dortmund. Unglaublich, was in Folge des Vorfalls heute vor 55 Jahren noch alles geschah. Über diese fünf Fakten werden die User gewiss staunen. Der Reihe nach.

Am 6. September 1969 spielte Borussia Dortmund noch auf „Roter Erde“, so hieß das erste Stadion des BVB. Rund fünf Jahre vor Einweihung des Westfalen-Stadions musste man sich noch mit kleineren Zuschauerzahlen als heute begnügen, was besonders im Derby gegen Schalke 04 schmerzte. Mit 39.000 Zuschauern war es ausverkauft, aber doppelt so viele hätten hinein gewollt. Die Zuschauer standen in jenen Tagen noch dicht am Spielfeldrand – immer häufiger mussten deshalb Spiele unterbrochen werden, weil Fans den Platz stürmten.

So auch an diesem Tag: Als Schalke nach 37 Minuten durch Hans Pirkner in Führung ging, rannten Dutzende Gäste-Fans jubelnd aufs Feld, um ihre Helden zu umarmen, Wegen der niedrigen Barrieren war das kein Problem, Zäune gab es nicht in den klassischen Fußballstadien. Die Polizei musste in diesen Fällen für Ordnung sorgen und setzte Hunde ein.

Ein fünfjähriger Schäferhund namens „Blitz“ biss in der Hektik in den nächsten Hintern, den er zu fassen bekam: den von Schalkes Friedel Rausch. Der erinnerte sich 2003 in einem Buch über 40 Jahre Bundesliga: "Riesenaufregung. Meine Hose blutdurchtränkt. Ich hörte nur Stimmen. ‚Haltet den Hund fest’. Ein Dortmunder Ordner hatte seinen Schäferhund von der Leine gelassen. Ich wurde vom Platz getragen. Die Schmerzen waren tierisch."

Rausch bekam auf dem Platz eine Tetanus-Spritze und spielte weiter. Das Bild vom Hundebiss ist eines der berühmtesten der Bundesliga-Geschichte. Rausch verfolgte der Vorfall sein Leben lang. Vor jedem Derby und bei jedem Jubiläum des Bisses musste er seine Leidensgeschichte gegenüber Journalisten aufwärmen. Der Dortmunder Timo Konietzka sagte ihm mal: "Ich habe das erste Bundesligator geschossen, aber Du bist durch den Scheiß Hundebiss berühmter als ich!"

Gerade in der Anfangszeit hätte Rausch auf den Ruhm gut verzichten können. Zwei Wochen lang konnte er nur auf dem Bauch schlafen, wurde in der Folge von Passanten auf offener Straße angesprochen oder – besser gesagt – angebellt.

Ein Bekannter versteckte sich sogar mal hinter einem Gebüsch und sprang dann bellend daraus hervor. Gegenspieler griffen anfangs noch psychologischer Kriegsführung. Rausch erinnerte sich mit Grausen: "Fast in jedem Spiel kam einer an und machte wuff-wuff." Die Sprüche der Mitspieler waren auch nicht besonders einfühlsam. "Mensch Friedel, sei doch froh. Stell Dir vor, der hätte dich vorne gebissen…" Friedels Konter: "Dann hätte der Köter seine Zähne verloren."

Das verbissen umkämpfte Spiel endete übrigens 1:1.

Das müssen Sie noch über den Hundebiss wissen:

1. Auch Mitspieler Gerd Neuser wurde in der Szene durch einen Biss verwundet, am Oberschenkel. Das ist seltsamerweise heute längst vergessen, vielleicht weil ein Biss in den Hintern noch kurioser ist? Während Neuser ausgewechselt werden musste, hielt Rausch dank einer Tetanusspritze durch. Rausch und Neuser bekamen von Borussia Dortmund 300 D-Mark Schmerzensgeld und Blumen. Die sind längst verwelkt, die sechs Zentimeter lange Narbe aber ist dem 2017 verstorbenen Friedel Rausch geblieben. Die 300 DM hat er "nie versteuert".

2. Rausch wurde gar nicht von einem „offiziellen“ Wachhund gebissen. Vielmehr hatte ihn ein pfiffiger Fan (Wolfgang M.) mitgenommen, der sich am Einlass als Ordner ausgab, um so um den Eintrittspreis zu kommen. Den eigentlich ganz braven „Blitz“, oft falsch „Rex“ tituliert, hatte er sich vom Nachbarn ausgeliehen.

3. Die Bundesliga verdankt dieser Episode die Maulkorbpflicht für alle vierbeinigen Ordnungskräfte und die sukzessive Errichtung von Zäunen.

4. Mit eigentümlichem Humor reagierte Schalke-Präsident Günter Siebert auf den Hundebiss-Skandal. Er patrouillierte vor dem Rückspiel an der Mittellinie mit einem wahrhaftigen Löwen, den er sich vom nächsten Tierpark Westerholt ausgeliehen hatte. Das Gelächter war groß. Gebissen wurde niemand.

5. Der erste dokumentierte Hundebiss bei einem Spiel der 1. Liga stammt aus dem Jahr 1913. Beim Spiel um die Süddeutsche Meisterschaft zwischen den Stuttgarter Kickers und dem VfR Mannheim (5:0) schied ein Gästespieler verletzt aus, der Protest des VfR aber wurde abgewiesen. Fast alle späteren Opfer stammten aus dem Westen der Republik: Am Oster-Sonntag 1959 traf es Fortuna Düsseldorfs Linksaußen Dieter Wöske, der sich im Tornetz verfangen hatte, im Oberliga-Derby gegen den 1. FC Köln. 1973 dezimierte ein Hundebiss die Sportfreunde Siegen im Regionalliga-Kick bei Union Ohligs, wo der Maulkorberlass noch nicht galt. Pech für den Spieler Bernd Schäfer. Im Februar 1985 erwischte es Fortuna Kölns Janus Gudlaugsson in Kassel schon beim Aufwärmen. Fortuna musste umdisponieren und legte Protest ein – der DFB lehnte ab.

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