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Die fehlende Wertschätzung: Plädoyer für die Jugendarbeit

Nach den Sommerferien beginnt wieder das Training für Kinder und Jugendliche - und damit die anstrengende Zeit für Trainer und Vereine

Foto: privat

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Die Ferienzeit ist vorbei. Mit Beginn der Schulzeit startet auch die Saison für die Amateurvereine wieder, vor allem für die rund 100.000 Kinder- und Jugendmannschaften unter dem Dach des DFB. Das will gemanagt werden.

In jedem Sommer gibt es eine gewisse Fluktuation bei Spielerinnen und Spielern auf der einen Seite, aber auch bei den Trainerinnen und Trainern. Kinder hören auf oder kommen in den Erwachsenenbereich, neue stoßen hinzu.

Der 12-Jährige hat in der letzten Saison noch in der D-Jugend im Kleinfeld gespielt, muss nun plötzlich aufs Großfeld in die C-Jugend. Die älteren Jahrgänge wechseln eine Altersklasse höher, von unten füllen Jüngere die Abgänge auf. Teams werden also neu zusammengestellt.

Dazu kommen Akteure, die von anderen Vereinen gewechselt sind. Während langjährige Mitspieler in eine höhere Liga wechseln oder zugunsten einer anderen Sportart aufhören.

Nach den Sommerferien gleicht die Arbeit in einer großen Jugendabteilung einem Bienenstock, mancherorts gar dem „Sack Flöhe hüten“. Vieles muss organisiert werden. Kinder stellen Fragen, Trainer streiten sich um die in Ballungsräumen zu wenigen Plätze, in ländlichen Gebieten fehlen oft Akteure, um ein schlagkräftiges Team aufzustellen. Material ist nicht in ausreichendem Maße geliefert worden, die Kabinenzuteilung funktioniert noch nicht perfekt.

Und dann sind da ja noch die Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen. Fragen sollen möglichst sofort beantwortet werden. Und natürlich am besten so, wie es ihnen gefällt. Warum spielt mein Kind bei dem Trainer? Wieso kann es nicht mit seinem Freund in einem Team sein? Letztes Jahr haben wir Montag und Donnerstag trainiert, jetzt Dienstag und Freitag. Können wir das wieder ändern? Könnt ihr nicht unsere Fahrgemeinschaft sicherstellen?

Dazu kommen diejenigen, die einen der in den Großstädten viel zu raren Plätze ergattern möchten. Gerade in den Zentren sind die Wartelisten bei gut geführten Vereinen lang.

Kinderfußball in der Großstadt: Tausende stehen auf Wartelisten
Die Fußball-Nationalmannschaft hat durch leidenschaftliche Auftritte bei der Heim-EM eine Begeisterungswelle ausgelöst. Viele Jugendliche wollen Jamal Musiala und Co. nacheifern. Doch weil Plätze und Trainer rar sind, bleibt insbesondere in Großstädten vielen der Weg in die Vereine verwehrt. So stehen in Hamburg Tausende Kinder bei Clubs auf Wartelisten.

Mittendrin im Geschehen stehen die Jugendleitungen, die in diesen Wochen noch mehr gefordert sind als im Rest des Jahres. Wer diesen Job einmal gemacht hat, weiß wovon ich hier schreibe. Glauben Sie mir: Alle anderen haben keine Vorstellung, was er bedeutet!

Die Jugendleitung ist nicht nur erste Anlaufstelle, sie ist auch vieles in einem:

  • Kümmerer und Personalmanager
  • Kaufmann und Administrator
  • Mediator und Moderator
  • Call-Center-Mitarbeiter und Problemlöser
  • Innen- und Außendarsteller
  • Tröster, Präventionsexperte und vieles mehr.

Wohl denen, die Mitstreiter finden und sich den Job teilen. Aber bei vielen Vereinen sind Einzelkämpfer am Werk und müssen sich womöglich noch von Vorstandskollegen fragen lassen, warum denn alles so schleppend läuft.

Aufbau einer Jugendabteilung :: Jugendleiter*in :: Vereinsmitarbeiter*in :: Training und Service - Fussball.de

Besonders beliebt: Eltern rufen den befreundeten Club-Präsidenten an, der doch mal Einfluss nehmen soll. Das Perfide: Viele tun das! Und wundern sich dann, dass niemand mehr bereit ist, den Multifunktionsjob im Sinne von Kindern und Jugendlichen zu erledigen.

Die Folgen sind in der Regel verheerend. Viele Vereine sind durch den Weggang oder die Kapitulation ihrer Jugendleitung in schweres Fahrwasser geraten. Wenn die Jungendabteilung nicht läuft, verringert sich die Zahl der Teams und damit die der Mitglieder. Mit weitreichenden Folgen für die Vereinskasse, denn weniger Aktive bedeutet weniger Beiträge.

Die Organisation eines Fußballvereins ist gerade im Jugendbereich in Teilen vergleichbar mit der einer Schule. Lehrereinsatz- und Klassenpläne mögen umfangreicher sein, aber die Lehranstalten haben professionelles Personal zur Verfügung. Das ist in den meisten Vereinen nicht der Fall. Es sei denn, man arbeitet zufällig in einem der wenigen Nachwuchsleistungszentren. Aber da gibt es dann andere Nachteile.

In der Regel wird die Jugendleitung trotz der großen Verantwortung ehrenamtlich bestritten. In einigen Vereinen gibt es inzwischen kleine Aufwandsentschädigungen, doch die stehen in keinem Verhältnis zur geleisteten Arbeit und decken oft nicht einmal die entstehenden Kosten für Telefon, IT oder Benzin. Längst nicht alle Vereine stellen ihren Mitarbeitern technisches Gerät.

Bei unserer mit Unterstützung des LSB Berlin und des Berliner Fußball-Verbands durchgeführten Reihe zur Stärkung des Ehrenamts gab es interessante Befunde, erarbeitet durch Experten von der Basis. Besondere Herausforderungen sind wachsende Ansprüche an Kommunikation, Gewinnung von Ehrenamtlichen sowie die Vermeidung von Überlastungen.

An erster Stelle stand jedoch ein anderer Punkt: Die fehlende Wertschätzung!

Wir alle sind gefordert, den Menschen in Vorständen und Abteilungsleitungen, die oft hinter den Kulissen wirken, ein positives Feedback zu geben. Gestern sagte mir bei einer Veranstaltung zur Situation der engagierten Zivilgesellschaft eine Kollegin, sie freue mich immer über meine Texte. Das war schön! Auch wenn ich weiß, dass sie einigen nicht gefallen. Tipp von mir: Einfach nicht lesen!

Mein Wunsch wäre, dass Trainer, Eltern und Kollegen ihren Jugendleitungen und Vorständen auch hin und wieder sagen, dass sie für deren Arbeit dankbar sind. Kann sein, dass man nicht alles gut findet. Aber Kritik kann man in Ruhe äußern, besser noch seine Unterstützung anbieten. Die meisten freuen sich darüber.

Danke ans Ehrenamt
Sagen Sie persönlich Danke Rücken Sie die leisen Vereinshelden, sympathischen Kult-Betreuer und treuen Seelen im Fußball ins Rampenlicht, indem Sie eines der Aktionsbilder teilen und „Danke“ sagen.

Es ist zwar gar nicht so einfach, Leute mal eben ins Team zu integrieren. Aber wenn es jemand wirklich ernst meint, findet man etwas, wo Hilfe gebraucht wird. Sei es beim Trikots sortieren, beim Bälle aufpumpen, bei der Erstellung von Listen oder der Unterstützung bei der Planung von Eltern- oder Trainerabenden.

Auf jeden Fall sollten wir nicht nur kritisieren. Wer das tut, sollte zeigen, dass er es besser kann. Oder eben die Klappe halten. Wer es für völlig unerträglich hält, muss dann eben den Verein oder die Sportart wechseln. Doch so weit sollte es nicht kommen.

Mein Tipp: Den Verantwortlichen hin und wieder ein Dankeschön sagen, gern aufrichtig und von Herzen. Nicht wundern, wenn dann nicht sofort ein Danke zurückkommt. Die meisten Verantwortlichen werden einfach überrascht sein, weil das mit der Wertschätzung ja sonst kaum vorkommt. Auch wenn sie es nicht offensiv zeigen können, freuen sie sich doch nach innen. Ganz sicher!

PS 1: Das größte Dankeschön ist oftmals eine Spende in die Vereinskasse, um die Jugendarbeit zu fördern. So machen zugunsten der Kinder auch Menschen aktiv mit, die aufgrund ihres zeitraubenden Jobs nicht vor Ort helfen, aufgrund ihres Einkommens aber monetär unterstützen können.

PS 2: Eine klassische Win-Win-Situation.

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