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Ehrenamt: Wie steht es um den Stellenwert nach den Wahlen?

Ein Freund von mir ist seit kurzem hauptamtlicher Mitarbeiter und [...]

|4. März 2025|
Foto: Adobe / foto ARts
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Ein Freund von mir ist seit kurzem hauptamtlicher Mitarbeiter und Vorstand in seinem Amateurverein, der rund 600 Mitglieder hat. Ein vernünftiger Schritt, denn die Anforderungen steigen stetig. Viele Vereine in Berlin haben so viel Zulauf, dass sie diesen ehrenamtlich nicht mehr managen können, selbst wenn genügend Sportstätten da sind, was nur in absoluten Ausnahmen der Fall ist.

Auch werden die Aufgaben nicht weniger, viele gab es in dieser Form früher nicht, zum Beispiel:

► Digitalisierung

► Social Media

► Kinderschutz

► Elternarbeit

► Behörden-Pingpong

► Handy- und Wettspielsucht

► Ehrenamtsmangel

Die Liste ist nur ein kleiner Auszug. Dennoch ist die Umstellung auf eine angestellte Administration bei den meisten Mitgliedern nicht beliebt, obwohl sie selbst davon profitieren. „Früher ging das doch auch so!“““, heißt es dann. In schlimmeren Fällen wird sogar Bereicherung in den Raum gestellt, was mindestens den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt. 

Ich kenne einige Fälle, bei denen zwielichtige Ehrenamtler mit dem Verein zustehenden Ausbildungsentschädigungen durchgebrannt sind oder sich am Verkauf von Vereinskleidung bereicherten. Das kann aber nur funktionieren, wenn die Aufsichtsorgane des Vereins nicht funktionieren, was leider häufig der Fall ist. Immer noch ist im Amateurfußball viel Bargeld im Spiel, das nicht immer da ankommt, wo es eigentlich landen sollte. Einem guten Schatzmeister und verantwortungsbewussten Kassenprüfern sollte derlei nicht unterlaufen.

Bei aller Kritik kennt niemand Schlangen von vermeintlichen Engagierten, die die Arbeit gratis erledigen würden. Wir haben in unserer Workshop-Reihe zur Stärkung des Ehrenamts vor allem immer wieder zwei zentrale Punkte gehört: die fehlende Wertschätzung und die Überforderung der Engagierten. 

Vorständen wird viel abverlangt

Gerade die neuen Kommunikationsformen verlangen den Vorständen viel ab. Beim FC Internationale Berlin sehen wir deutlich, wie groß die Unterschiede zwischen den Generationen sind. Während die Jüngeren sich gewandt durch Mails, Clouds und Video-Konferenzen bewegen, haben viele ältere noch nicht einmal einen Social-Media-Account, geschweige denn per Handy einen Post abgesetzt. Dafür haben sie Lebens- und Vereinserfahrung mit, die oft hilfreich ist – sei es bei der Lösung von Konflikten oder bei den Kontakten zu Verbänden, anderen Vereinen, der Politik und Sponsoren.

Eine hauptamtliche Stelle sollte nicht in erster Linie dazu verwendet werden, um alles auf ihr abzuladen. Das wäre auch viel zu gefährlich, denn Menschen werden krank, haben Urlaub, wechseln den Arbeitsplatz oder geraten sogar mal unter die Straßenbahn – also in West-Berlin nicht – da eher an einen Pfeiler der Stadtautobahn. 

Apropos: Für den Ausbau der Autobahn mitten durch die Stadt stehen zwei Milliarden Euro zur Verfügung – Geld, das der Sanierung von Sportstätten und damit den wachsendem Bedarf der Vereine vorenthalten wird. Im Jahr 2025!!! Berlin könnte mit dem Geld seinen Sanierungsstau  bei der sportlichen Infrastruktur quasi mit einem Schlag beenden. 

Amateurfußball-Konferenz am 23. Mai in Berlin

Auch darüber wird bei der ersten unabhängigen Amateurfußball-Konferenz #hartplatzhelden25 am 23. Mai in Berlin zu sprechen sein. Wie steht es um den Stellenwert des Sports nach den Wahlen? Nach der Attacke (anders kann man es kaum nennen) der CDU gegen große Teile der Zivilgesellschaft, zu der ich den engagierten Sportverein auch zähle, wird es eh spannend. 

Bekommen irgendwann nur noch Vereine Übungsleiterzuschüsse, die den Regierenden genehm sind? Schon vor der Regierungsbildung legen Partei-Granden die ausgelutschte Platte wieder auf, Sport dürfe mit Politik nichts zu tun haben, dürfe sich nicht positionieren. Richtiger wäre: Die meisten Politiker wollen mit Sport nichts zu tun haben. Ausnahme: Es gibt einen Fototermin mit einem Pokal oder fröhlichen kleinen Kindern, um die man sich nach dem PR-Termin nicht mehr erinnert. Löbliche Ausnahmen bestätigen die Regel.

Zurzeit ist es immerhin noch so, dass es für hauptamtliche Stellen kleinere Fördermittel gibt, bei größeren Vereinen steigt die Summe. Gute Angestellte schaffen es je nach Aufgabenzuschnitt sogar, Spenden oder Fördermittel einzuwerben, denn davon gibt es mehr als die meisten wissen. In der Regel muss man dafür mehr tun, als nur Fußball spielen. Aber das kann dem Verein durchaus helfen, sein Profil zu schärfen. 

Gleichwohl können hauptamtliche Kräfte nur so gut arbeiten, wie der Vorstand und die Ehrenamtlichen mitmachen. Es nützt nichts, wenn die Haltung vorherrscht: „Der kriegt jetzt Geld, der soll jetzt mal machen!“. Hauptamt kann und soll Ehrenamt unterstützen und entlasten, vor allem aber die Gesamtbedingungen verbessern. Zum Beispiel durch die Übernahme der Organisation des Spielbetriebs, des Meldewesens, aber nicht zuletzt auch durch die Verbesserung der Vereinskommunikation. Hauptamt kann auch ehrenamtliche Strukturen optimieren

Das alles wird nicht von heute auf morgen vom Himmel fallen. Es ist ein nie endender Prozess. Ich möchte dennoch alle ermuntern, darüber nachzudenken. Vielleicht gibt es sogar die Möglichkeit, sich eine hauptamtliche Stelle mit einem anderen Verein zu teilen, auch wenn die Konkurrenzen vor Ort meistens hoch sind. Aber wenn sich die Strukturen gleich bei mehreren Vereinen verbessern, ist das auch für den Spielbetrieb und die Stimmung untereinander besser. Der Sport besteht in der Regel aus Wettbewerb, das soll auch so bleiben. Missgunst, Neid und bittere Rivalität haben hingegen noch nie etwas positiv bewirkt. 

Wer mehr zum Thema wissen möchte, meldet sich gern unter: vorstand@inter-berlin.de