DFB fehlt Transparenz
Vieles ist beim Verband besser geworden. Aber noch nicht gut genug, wie eine neue Studie nahelegt
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Kein gutes Zeugnis für den DFB! Trotz etwas besserer Noten als zuletzt. Die Panelstudie „Wir sind Fußball“, initiiert von Prof. Dr. Jana Wiske und Hartplatzheld Tim Frohwein, weist dem größten Einzelsportverband der Welt immer noch erhebliche Defizite bei Transparenz sowie wirtschaftlich solidem Handeln aus. Und auch beim Amateurfußball.
Wie bitte? Amateurfußball?
Das sollte doch die Kernkompetenz des DFB sein, oder?
Mich überraschen die Ergebnisse nicht wirklich, auch wenn sie nicht mehr so desaströs wie in der Auftaktrunde ausfallen und gar nicht so viele Amateurvertreter befragt wurden (s. u.). Julian Nagelsmann und die guten EM-Leistungen seiner Spieler dürften ihren Anteil daran haben, dass die Wahrnehmung des Deutschen Fußball-Bundes etwas positiver ausfällt.
Es bleibt die (gern zu widerlegende) Befürchtung, dass bei vielen im DFB-Campus wie auch bei den Landesfürsten die folgenden Aufforderungen ungehört verhallen.
⚽ „Kümmert euch mehr um die Basis und den Amateurfußball!“
⚽ „Vertretet die Interessen der Amateurvereine offensiver bei der Politik!“
⚽ „Kämpft endlich für eine bessere Infrastruktur im Breitensport!“
Man könnte es auch so interpretieren: Die befragten Fachleute empfehlen, dem Amateurfußball endlich die Bedeutung zukommen zu lassen, die ihm zusteht!
24.000 Fußballvereine sorgen dafür, dass Menschen sich bewegen. Der überwiegende Teil von ihnen sorgt sich um rund 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche und bietet diesen Platz in ihren Teams. Mancher Wissenschaftler bezeichnet den „Sportverein als Schule der Demokratie“.
Denn im Verein werden Teamgeist, Fairplay und Zusammenhalt gelehrt und gelernt. Beim Amateurfußball – dem viel zitierten Spiegelbild der Gesellschaft – kommen gar alle möglichen Milieus zusammen und kooperieren für den Erfolg.
Wo geschieht das sonst noch in der immer mehr auseinanderdriftenden Gesellschaft?
Selbst wenn die Mahnungen in Frankfurt-Niederrad zur Kenntnis genommen werden, ist kaum zu erwarten, dort würde deshalb große Geschäftigkeit ausbrechen. Der Fußballfunktionär ist in der Regel kein Lautsprecher, eher ein Mann der leisen Worte im Hintergrund (Zitat aus Berlin). Ob Mann bei den gebeutelten Regierungen in Ländern und Bund so Erfolge erzielt? Rhetorische Frage, werden die meisten Ehrenamtlichen denken.
Viele von ihnen fühlen sich überfordert, zu wenig wertgeschätzt. Das sind die Erkenntnisse unserer Veranstaltungsreihe zur Stärkung des Ehrenamts. Sie sind nicht nur schwer zu ertragen, sie sind auch volkswirtschaftlicher Wahnsinn. Hören die Engagierten in den Vereinen ob der sich stetig verschlechternden Bedingungen frustriert auf, steigt der Digital-Konsum der Kids noch mehr an. Bewegung, Zusammenhalt und persönliche Kommunikation nehmen weiter ab.
Seelische Krankheiten, Drogenmissbrauch, Gewalt, Einsamkeit steigen. Die Schuldenbremse als Brandbeschleuniger! Zu dramatisch? Fragen Sie mal eine Lehrerin oder einen Lehrer.
Basierend auf den Daten der Saison 2018/2019, beträgt allein in Deutschland die soziale und ökonomische Wertschöpfung durch den Amateurfußball knapp 14 Milliarden Euro für das Gemeinwohl – entstehend aus den positiven Effekten des Fußballsports und des dortigen ehrenamtlichen Engagements. Schöne Ergebnisse, doch die Basis fühlt sich oft alleingelassen.
Aber nur auf den zu oft sprachlosen DFB zu zeigen, wäre zu einfach. Denn der Deutsche Fußball-Bund ist neben einigen Profivertretern vor allem die Summe seiner Landesverbände. Diese gehören den Vereinen, das sollten sich alle klarmachen! Und deren Delegierte sollten nur Funktionärinnen und Funktionäre wählen, die sich leidenschaftlich für bessere Sportstätten, Unterstützung der ambitionierten Ehrenamtlichen sowie für größere Wertschätzung in Politik, Medien und Gesellschaft einsetzen.
Vielfalt in den Gremien würde helfen:
- Mehr Frauen!
- Mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte!
- Mehr junge Leute!
- Mehr Innovator:innen!
- Mehr intrinsisch Motivierte!
Nicht einfach, kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Noch immer gibt es mehrheitlich die Haltung: „Muss ich mich etwa dafür entschuldigen, ein älterer weißer Mann zu sein?“ Nein, aber man kann sich trotzdem Mühe geben, über den üblichen Tellerrand hinauszudenken.
Vielfalt und Aufbruch sind die Gebote der Stunde! Einfalt und Festhalten an Traditionen haben leider zu wenig bewegt. Doch wie kriegen wir Diversität hin? Indem wir uns vernetzen, uns Mut machen, Ideen vortragen, Forderungen stellen, miteinander reden. Auf Augenhöhe!
Wir werden genau das tun: miteinander reden. Gern bieten wir allen an, sich daran zu beteiligen. Am 8. November in der Sportschule des LSB Berlin.
PS: Die Studie „Wir sind Fußball“ wurde durch eine Befragung von 100 Stakeholdern der gesamten Breite des deutschen Fußballs erstellt. Dazu gehören u. a. Almuth Schult, Thomas Hitzelsperger oder Marco Bode, alles Ex-Profis, Trainer, Schiedsrichter, aber auch Leute aus den Landesverbänden oder Vereinen wie ich selbst. Die Panelstudie versteht sich ausdrücklich als Stimmungsbild und nicht als repräsentativ. Ob die Ergebnisse bei einer breiten Befragung besser ausfallen würden, lasse ich dahingestellt.