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Deutschland spielt Fußball – wach‘ ich oder träum‘ ich?
Das DFB-Team zeigt unter Neu-Bundestrainer Julian Nagelsmann die beste Leistung seit langer Zeit – 3:1 gegen die USA. Wie konnte das passieren?
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Ich habe vergangene Woche geschrieben, dass ich von Julian Nagelsmanns Premiere nicht viel erwarte. Heute muss ich einräumen: Das war zu defensiv gedacht – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Meine geringen Erwartungen wurden überproportional hart übertroffen. Während des Spiels USA-Deutschland dachte ich: Ist das wirklich die Nationalmannschaft, also die deutsche?
Wach‘ ich oder träum‘ ich?
Das DFB-Team hat in Hartford eine überragende Leistung gezeigt, 3:1 gewonnen und by the way auswärts gegen den Elften der Weltrangliste einen Rückstand gedreht. Zu bestaunen gab es Fußball, wie ich ihn lange nicht mehr sah, besser noch als gegen die Franzosen kürzlich, Fußball der offensivsten Art, vollzogen von vollmotivierten Nationalspielern mit top Zweikampfverhalten, garniert mit irrem Kloppo-Gegenpressing in Dauerschleife – es war alles wie in einem Traum, der so unrealistisch ist, dass man es eigentlich schon beim Träumen merken und sich vor Schreck selbst wecken müsste.
Es war aber kein Traum, und ich frage mich, wie plötzlich alles so reibungslos klappen kann. Warum ausgerechnet eine Seniorentruppe den besten Fußball seit Gurkenfußballgedenken zeigt, obwohl doch überall steht, dass das heutzutage gar nicht mehr funktioniert wegen des hohen Allgemeintempos und so. Lesen die alle keine Zeitung?
Ja, alles geht momentan wahnsinnig schnell. Gerade noch war Schlammbad, und jetzt machen wir uns schon im Paradies breit. „Lerneffekte in Rekordzeit“, analysierte der Kicker das deutsche Spiel. Diese Entwicklung in höchstem Tempo nach langer Schneckenfahrt ist beängstigend. Ich fühle mich wie Adam, der am ersten Tag Eva und am zweiten WLAN bekommt.
Apropos Tag zwei, ich komme zurück zur Eingangsfrage: Wach‘ ich oder träum‘ ich? Gegen die USA wachte ich offensichtlich, morgen wendet sich das Blatt. Dienstagnacht können Sané, Jamal, Gündogan, Lücke & Co. pressen, wie sie wollen, ich werde nicht wachen, sondern träumen: Irgendein DFB-Hirni mit defekter Zeitschaltuhr hat nämlich einen Test gegen die Mexikaner um 2 Uhr morgens durchgewunken.
Leute, um 2 Uhr morgens liegt der Großteil der Bevölkerung im Bett, und wer das nicht tut, hat Blase. Um 2 Uhr nachts bin ich für Ali und Tyson aufgestanden, für Tah und Groß reicht’s noch nicht, nicht bei mir, sorry.
Denn inklusive der handelsüblichen Nachspielzeiten wird das Ganze wohl bis etwa 4 Uhr dauern. Ihr müsst es also ohne mich hinkriegen – ich werde nicht wachen, sondern von Tempofußball träumen.
Ich zweifle aber keine Sekunde daran, dass ihr es auch ohne mich schafft.
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