Deutsche Klubs gegen Spanien: Eine Frage der Qualität
Die Bundesliga verlor beide Champions-League-Duelle gegen die spanischen Klubs. Kolumnist Matthias Esch weiß jetzt: Es gibt viel zu tun!
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Vor elf Jahren bilden die zwei Paarungen Real Madrid gegen Borussia Dortmund und FC Barcelona gegen Bayern München das Halbfinale in der Königsklasse. Dortmund gewann damals das Hinspiel mit 4:1, Bayern seines sogar mit 4:0. Am Ende gibt es in London das Finale zwischen BVB und FCB – der deutsche Fußball ist auf seinem Höhepunkt. Ein Jahr vor dem WM-Sieg 2014.
Im Jahr 2024 haben sich die Machtverhältnisse geändert.
Die Bayern, die in den vergangenen Jahren eigentlich so gerne gegen Barcelona spielten, gehen in Katalonien diesmal mit 1:4 unter. Diskutiert wird im Nachhinein viel über die offensive Spielweise unter Trainer Vincent Kompany. Darüber, dass der FCB so steht wie die No-Name Limonade im Supermarktregal – verdammt hoch. Aber müssen wir nicht vor allem über Upamecano und Kim sprechen? Darüber wie Raphinha ihnen mehrfach enteilt. Ist das ein Innenverteidiger-Duo, mit dem die Bayern ins Finale Dahoam 2.0 einziehen? Reicht das?
Der BVB wiederum zeigt bei Real eine unfassbar gute erste Halbzeit und eine unfassbar schlechte zweite Halbzeit. „Vercoacht“ habe sich Dortmunds Trainer Nuri Sahin mit seiner viel zu frühen Umstellung von 4er auf 5er Kette.
Besser wird das Spiel von Borussia Dortmund durch diese taktische Änderung definitiv nicht. Dennoch merkt der aufmerksame Beobachter auch schnell, dass die Umstellung am Ende das kleinste Problem ist. Spätestens als Reals Nummer 7 auf Dortmunds Nummer 23 trifft, wird klar, dass es am Ende kein schöner Abend für alle Schwarzgelben wird: Vinicius Junior gegen Emre Can – der eine war mit dem Ball schneller als der andere ohne. Ein Klassenunterschied.
Alles eine Frage der Qualität also? Nicht ganz. Wie kann es sein, dass der BVB nach der Auswechslung von Julian Ryerson keinen einzigen Außenverteidiger mehr im Kader hat? Couto verletzt, also bleibt da nur noch Emre Can. Wieso meldet sich Can überhaupt für diese Aufgabe? Wofür erklärt er sich als nächstes bereit? Für ein Referat über alle Accents im Französischen?
Was übrigens viele vergessen: Auch der FC Bayern hat im Santiago Bernabéu ähnliche Erfahrungen gemacht – im Mai 2024. Bayern führt bis kurz vor Schluss im Halbfinalrückspiel. Neuer patzt in der 88. Minute. Joselu macht den Ausgleich und drei Minuten später den Siegtreffer. Wäre das Spiel noch 30 Minuten gegangen, hätte es womöglich auch noch drei Stück für den FCB gegeben.
Fußball ist eine Momentaufnahme. Schauen wir uns jetzt Fotos von uns an, die elf Jahre her sind, denken wir alle das Gleiche: Wie hab ich denn da ausgesehen? Und dennoch sehen wir auch die Entwicklung der letzten Jahre, die nicht immer positiv sein muss. Der deutsche Fußball ist in den letzten elf Jahren anscheinend pomadiger geworden und hat kleine Röllchen an der Hüfte, wenn er sich hinsetzt.
Die Finalteilnahme des BVB in der letzten Saison täuscht ein wenig darüber hinweg. Doch auch hier hat ja das Finale gezeigt: Gerade in den Topduellen fehlt es den deutschen Spitzenclubs an Kaderbreite und der letzten Überzeugung.
Deutschland gegen Spanien ist aktuell meist ein einseitiges Duell. Hoffentlich dauert es nicht wieder weitere elf Jahre, bis wir es uns wieder gerne anschauen. Hoffentlich erkennen die Verantwortlichen der Topklubs: Es gibt viel zu tun!