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Daniel Levy: Der Mann, der Uli Hoeneß das Fürchten lehrt

Es wäre früher undenkbar gewesen, dass sich der FC Bayern wie im Fall Kane bis auf die Unterhosen ausziehen lässt

Foto: Imago / PA Images

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Mein Respekt gebürt in diesen Wochen einem Mann, der gar nicht selbst Fußball spielt oder mal gespielt hat, der aber den FC Bayern diesen Sommer ganz schön alt aussehen lässt. Und das ist Daniel Levy, der Chairman von Tottenham Hotspur. Es geht natürlich um den unsäglichen Fall Harry Kane.

Wenn ich "alt aussehen" schreibe, meine ich das sogar wörtlich. Als kürzlich Uli Hoeneß (71) und Kalle Rummenigge (67) mit einer zugegebenermaßen beeindruckenden Alles-muss-man-selber-machen-Attitüde Brazzo Salihamidzic und Oliver Kahn feuerten, dachten ja erst alle: Ah, jetzt geht's an der Säbener Straße wieder bergauf, jetzt wird beim FC Bayern endlich mit Sinn und Verstand verstärkt. Die Haudegen werden es allen zeigen.

Falsch gedacht. Die Haudegen werden gerade von einem Cambridge-Absolventen bis auf die Unterhosen ausgezogen, und langsam stelle ich mir die Frage: Nagt vielleicht der Zahn der Zeit an Kalle und Uli?

Früher wäre es jedenfalls undenkbar gewesen, dass der FC Bayern im Minutentakt ein ohnehin völlig überhöhtes Angebot für einen alten Stürmer noch weiter erhöht, aber nie zum Ziel kommt und dabei sogar der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Früher sind alle in Ehrfurcht erstarrt, wenn die Bayern einen Spieler wollten.

Illustration: Jens Uwe Meyer / bergfest.at

Über 100 Millionen Euro Ablöse ist Uli Hoeneß Tottenhams Superstürmer schon wert. 200 Millionen Euro würde das Gesamtpaket kosten. Für diese Summe bekommt man übrigens etwa 40 sehr hoffnungsvolle Talente. Aber es klappt und klappt nicht, und Hoeneß zockt immer weiter, lässt sich immer höher treiben – er hat darüber sogar ganz vergessen, dass die Bayern zum Saisonstart keinen richtigen Torwart haben.

Hoeneß steckt in der Transferfalle fest. Denn egal, wie es ausgeht: Bayern verliert. Selbst im Transfer-Erfolgsfall wüsste niemand, wie sich ein 30 Jahre alter, 200 Millionen Euro kostender Kane jemals refinanzieren soll.

Und das Lustigste daran: Spurs-Chairman Levy ist das alles völlig wurscht. Die Bayern-Offerten prallen an ihm ab wie Kimmich-Eckbälle an Abwehrspielern. Und jetzt ghostet Levy auch noch. Er ist mitten im Bayern-Gebettel einfach in die USA gefahren. Angeblich in den Urlaub.

Was für eine coole Sau!

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Mich beschleicht wie gesagt das Gefühl, dass der Zahn der Zeit an Kalle und Uli nagt. Denn so etwas gab es früher nie, da bekamen die Bayern quasi immer, was sie wollten, und wenn sie es nicht bekamen, dann schneller als heute.

Aber die Welt dreht sich eben weiter, ich überblicke das große Ganze, und das geht über Hoeneß, Rummenigge und Bayern weit hinaus. Wie schnell sich die Regeln im Transfergeschäft ändern, wird einem inzwischen täglich vor Augen geführt.

Heute fädeln nicht mehr nur umgeschulte Ex-Nationalspieler Deals ein, heute spielen Wirtschaftsmächte eine Rolle, milliardenschwere Scheichs, ja, ganze Monarchien schalten sich ein, wenn es sein muss.

Oder eben einer wie Levy, der ist zwar kein Scheich, aber 570 Millionen Euro schwer und im Mai erstmals in die Sunday-Times-Liste der reichsten Engländer aufgenommen worden. Mit so einem ist eben nicht zu spaßen wie mit, sagen wir mal, Frank Baumann oder Roland Virkus.

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Die Zahl der Leute im Fußballgeschäft, die Uli Hoeneß zum Frühstück nehmen, scheint mir jedenfalls größer und größer zu werden, Kane könnte ein Indiz dafür sein. Die Wechsel und Nicht-Wechsel werden auch anderswo immer kurioser und (wirtschafts)politischer. Lionel Messi geht in die USA, Kylian Mbappé wird womöglich bei den Saudis geparkt, und mitten im Gemetzel zocken die Bayern wie am Roulettetisch für einen alternden Stürmer, der noch nie was gewonnen hat.

Dabei haben wir erst Anfang August. Das Transferfenster ist noch 24 Tage offen. Das kann ja heiter werden.

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