Michel Platini: Zehn – der Traumfußballer

Wer verstehen will, warum die Franzosen Michel Platini König nennen, muss 40 Jahre zurückblicken.

|27. November 2024|
Michel PLATINI (FRA, 4.v.r.) erzielt per Freistoss das Tor zum 1:0; der Ball rutscht unter Torhueter, Torwart Luis Miguel ARCONADA (ESP) durch; Fussball Europameisterschaft EURO 1984 in Frankreich, Finale Frankreich (FRA) - Spanien (ESP) 2 : 0 , am 27.06.1984 in Paris *** Michel PLATINI FRA, 4 v r scores with a free kick to 1 0 the ball slips under goalkeeper Luis Miguel ARCONADA ESP by European Football Championship EURO 1984 in France, final France FRA Spain ESP 2 0 , on 27 06 1984 in Paris
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IMAGO/Sven Simon

Inhaltsverzeichnis

Michel Platini – einer der größten Fußballer aller Zeiten und erster französischer Superstar. Ein Spielmacher-Genie, das mit vermeintlicher Leichtigkeit Traumpässe und Traumtore en masse fabrizierte und Frankreich und Juventus Turin zu großen Triumphen führte. Doch sein Aufstieg war geprägt von Widerständen und Zweifeln.

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“Le Roi”, der König. Wer verstehen will, warum die Franzosen Michel Platini diesen majestätischen Titel verliehen haben und auch Jahrzehnte nach seiner Spielerkarriere noch ehrfurchtsvoll über seine fußballerischen Qualitäten und Verdienste sprechen, sollte sich Spielausschnitte der Fußball-EM 1984 in Frankreich anschauen.

Frankreich oder besser: Platini hatte dieses Turnier dominiert. Ohne ihn wäre der erste große Titelgewinn der Equipe Tricolore nicht möglich gewesen. Zwar hatte Frankreich damals eine tolle Mannschaft beisammen. Luis Fernandez, Jean Tigana und Alain Giresse gehörten zu den besten Mittelfeldspielern der Welt. Aber erst Platini machte aus diesem genialen Dreiergespann das “Carre Magique” – das “magische Viereck”. 

“Platini war der Denker und Lenker, das Herz der Mannschaft”, lobte Fußball-Journalist Philippe Auclair in einer Sky Sports Dokumentation. “Alles lief über Platini. Wir sprechen bei ihm von einer echten Nummer Zehn. Einfach wunderbar. Man muss sich nur mal seine Torausbeute angucken.”

Platini drückte der EM 1984 seinen Stempel auf

Platini alleine schoss neun der 14 französischen EM-Toren, in nur fünf Spielen – ein bis heute ungebrochener EM-Rekord. Sein wichtigstes Tor gelang ihm per Freistoß im EM-Finale beim 2:0-Sieg über Spanien. Eigentlich hatte der spanische Keeper Luis Arconada den Ball schon unter sich begraben. Doch irgendwie flutschte er ihm dann doch noch weg und kullerte über die Linie. 

Ein Glückstor als verdienter Lohn für eine EM, der Platini seinen Stempel aufgedrückt hatte. “Frankreich musste erst Platini finden, um endlich einen Titel gewinnen zu können”, bilanzierte L’Equipe, die größte Sportzeitung des Landes, und krönte Platini zu König Michel.

Es hatte tatsächlich etwas Majestätisches, wenn er mit dem Ball eng am Fuß seine Gegenspieler ausdribbelte, geniale, zentimetergenaue Pässe spielte oder wunderschöne Freistöße ins Netz zirkelte. Was Platini auch auf dem Rasen veranstaltete, es wirkte leicht und spielerisch. Doch das war sein Weg nach oben nicht.

Platinis holpriger Weg zum Ruhm

Der FC Metz wollte ihn als Jugendlichen wegen körperlicher Schwächen nicht haben, die Experten schrieben ihn nach zahlreichen Verletzungen in seinen ersten Karrierejahren ab, kreideten ihm später das frühe Aus Frankreichs bei der WM 1978 in Argentinien an. Doch Platini ließ sich nicht unterkriegen. Er gewann mit AS Nancy den französischen Pokal und mit St. Etienne die Meisterschaft. 

Sein Wechsel zu Juventus Turin 1982 stellte ihn dann vor neue Herausforderungen. In der Mannschaft voller frischgebackener Weltmeister musste er sich erst beweisen. Doch dank überragender Leistungen avancierte er schnell zum unumstrittenen Leader der Alten Dame, Platini  führte Juve zweimal zur Meisterschaft und je einmal zur Coppa Italia, dem Europapokal der Pokalsieger und dem Europapokal der Landesmeister. Zwischen 1983 und 85 gewann er dreimal in Folge den Ballon d’Or als Europas Fußballer des Jahres und wurde ebenfalls dreimal in Folge Serie-A-Torschützenkönig – als Mittelfeldspieler. 

Das Heysel-Drama hinterließ Narben

Der Europacup-Sieg 1985 hätte eigentlich seine große Krönung auf Vereinsebene werden sollen. Doch das Finale zwischen Juventus und dem FC Liverpool im Brüsseler Heysel-Stadion wurde zu seiner dunkelsten Stunde.

Noch vor Anpfiff des Spiels hatten Liverpool-Hooligans im Stadion eine Massenpanik ausgelöst, bei der 39 Menschen starben und mehr als 600 verletzt wurden. Trotz der Tragödie fand das Spiel statt, das Juve durch einen Platini-Elfmeter gewann. .  

Ein bitterer Sieg, der bei Platini tiefe Narben hinterließ. Etwas sei damals in ihm gestorben, sagte er Jahre später. Und vielleicht hatte auch diese Erfahrung einen Anteil daran, dass er nur zwei Jahre später seine Karriere beendete – mit gerade mal 32 Jahren. Aber selbstbestimmt und immer noch auf sportlichem Topniveau. 

Vielleicht hat das dafür gesorgt, dass er trotz eines erfolglosen Versuchs als Nationaltrainer und trotz seiner von Korruptionsvorwürfen überschatteten Zeit als UEFA-Präsident bis heute in Frankreich verehrt wird. France Football kürte ihn sogar noch vor Welt- und Europameister Zinedine Zidane zum besten Fußballer Frankreichs des 20. Jahrhunderts. Michel Platini – eine der größten Nummer Zehn aller Zeiten und ein legendärer Fußball-König.