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Sponsoring ist kein Allheilmittel
Die Investorenfrage spaltet die Fußballwelt. Im Kleinen wie im Großen. Aber wo liegen die Grenzen beim Sponsoring?
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Gleich zum Jahresbeginn setzt der neue DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig ein Ausrufungszeichen. „Du kannst den Wettstreit mit den Oligarchen, Staatsfonds und chinesischen Konglomeraten nicht gewinnen, wenn du seriös arbeiten willst!“, so seine Erkenntnis. Rettig spricht im Zeit-Interview aus, was eigentlich alle wissen. Nur handelt fast niemand danach.
Das muntere Treiben des Profifußballs können wir täglich beobachten. Immer wieder setzen Manager und Vereinsvorstände die Grundlagen des Kopfrechnens für ein ruinöses Rennen außer Kraft. Aber selbst, wenn alle haargenau dieselben Bedingungen hätten und optimal arbeiten würden: Am Ende gibt es einen Meister und drei Absteiger. Es ist Sport! Aber was zählen schon Binsenweisheiten?
Im Amateurfußball sind arabische Kronprinzen oder amerikanische Milliardäre eher selten. Doch auch hier sind viele Vereine nicht eben wählerisch, wenn es um finanzielle Unterstützung geht. Anstelle von Oligarchen gibt es Bauunternehmen oder Gastronomiebetreiber, die an einer Abschaffung von Bargeld sicher kein Interesse hätten.
Statt Staatsfonds helfen häufig kommunale Unternehmen, gern aus der Energiebranche. Und ähnlich wie im Profifußball halten auch hier mehr und mehr Wettanbieter und Glücksspielunternehmen Einzug. Allzu häufig gilt die Personalunion Geldgeber gleich Präsident. Was die Abhängigkeit erhöht, die Kontrollmechanismen weitgehend außer Kraft setzt.
Es soll Vereine geben, die bei einer Mitgliederversammlung mit 45 Minuten auskommen. In einer Dreiviertelstunde Vorstands- und Finanzbericht sowie Wahlen zu absolvieren, ist ambitioniert – oder abgesprochen. Wohin die Abhängigkeit führen kann, zeigen unzählige Beispiele im Amateurfußball. In Berlin gibt es gerade wieder einen spektakulären Insolvenzfall.
Andere konnten abgewendet werden. Aber auch in anderen Bundesländern wird immer wieder Misswirtschaft bekannt. In NRW ist ein Verein zahlungsunfähig, hofft aber auf den Zugang eines Spielers, der einen Geldgeber mitbringen soll:
„Wir hatten am Samstag ein Gespräch mit E. K. (Initialen des Spielers), der einen Sponsor im Gepäck hat und unter gewissen Umständen bereit ist, uns zu unterstützen und im Vorstand des Vereins einzusteigen.“
In Bayern erstattet ein Verein gar Selbstanzeige, nachdem beim Nachbarclub die Steuerfahndung fündig geworden war.
Hardy Grüne, Herausgeber des großartigen Magazins „Zeitspiel“, hat vor einigen Jahren eine der unterhaltsamsten Rubriken des Fußballs geschaffen: Der „Insolvenzticker“ informiert über finanzielle Schieflagen und Ungereimtheiten bei Vereinen, nicht nur im deutschen Fußball. Absolut lesenswert.
Trotz allgemeinen Kopfschüttelns träumen bei der Jagd nach Titeln und Aufstiegen viele Fußball-Funktionäre immer noch vom großen Geld. Der vermeintliche Erfolg heiligt für viele die Mittel. Zumindest kurzfristig. Ist das finanzielle Engagement nicht nachhaltig, folgt der Absturz wie vorprogrammiert. In vielen Fällen ist der Sponsor irgendwann bankrott, findet ein neues Hobby oder stellt eine neue Geschäftsleitung im städtischen Unternehmen die Weichen anders.
Gegen ein sinnvolles und nachhaltiges Sponsoring ist nichts zu sagen. Es sollte allerdings seriös aufgestellt sein und sich im besten Fall über mehrere Jahre erstrecken. Gleichzeitig empfiehlt sich, nicht nur einen Sponsor zu haben. Selbst der Milliardär Dietmar Hopp, der seinen Heimatverein bis in die Bundesliga förderte, hat dafür gesorgt, dass viele weitere Unternehmen seine TSG Hoffenheim und die angeschlossenen Organisationen unterstützen.
Doch wer hat schon einen fußballaffinen Großaktionär in seinen Reihen? Dennoch träumen viele Amateurvertreter von derart paradiesischen Zuständen. Nicht immer gleich von der Eliteklasse, vom gehobenen Amateurfußball aber schon, auch wenn die Möglichkeiten den eigentlich nicht hergeben. Klar, manchmal gelingen Aufstiege unverhofft, dann soll man sie nicht liegen lassen.
Aber meistens mobilisieren vier oder fünf Teams, indem sie Spieler bei anderen Klubs abwerben und sich nicht selten in finanzielle Abenteuer stürzen. Der Kader – in der Regel der 1. Herrenmannschaft – wird deutlich teurer, die Strukturen wachsen aber nicht entsprechend mit. Schiedsrichter und Reisekosten sowie die Ansprüche steigen, auch bei der Ausrüstung und für den Stab.
Am Ende wird nur einer Meister. Allerdings kommen in der neuen Spielklasse dann nur selten deutlich mehr Zuschauer, die zur Finanzierung beitragen könnten. Beispiele: Zum Derby der Regionalliga Nordost Altglienicke gegen Berliner AK kamen gerade einmal 200 Zuschauer, das einst große Tennis Borussia empfing gegen Meuselwitz 174 Gäste. Die Partie zwischen Viktoria 89 und Türkgücü München wollten immerhin gut 500 Zuschauer sehen – in der 3. Liga!
Diese Zahlen beinhalten meist auch Fans, die freien Eintritt genießen und werden von manchem Brandenburger oder bayerischem Derby in der Bezirksklasse deutlich übertroffen. Die Sinnhaftigkeit stellt sich also durchaus. Genau wie die Frage, worin der Wettbewerb eigentlich besteht: Im Toreschießen für möglichst viele Fans oder der Suche nach dem lukrativsten Sponsoring?