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In der Vielfalt liegt die Chance
Der Fußballplatz ist keine heile Welt. Diskriminierungen und Respektlosigkeit kommen vor. Die Frage ist: Wie gehen wir damit um?
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„Wir haben unheimlich viele Anfragen von Kindern, aber zu wenig Trainer. Vor allem brauchen wir solche mit internationalem Hintergrund.“
So sprach kürzlich ein befreundeter Vorsitzender bei einem Spiel. Was sich auf den ersten Blick für einige komisch anhören mag, ist gut analysiert. In Berlin haben inzwischen 50 Prozent der Grundschulkinder einen familiären Zuwanderungshintergrund.
In einigen Stadtteilen gibt es Schulen mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent. Das ist nicht nur in der Hauptstadt so. Gleichzeitig liegt der bundesweite Anteil bei den Lehrkräften mit gerade mal bei 13 Prozent. Vergleichbare Zahlen aus dem Amateurfußball sind mir nicht bekannt. Aber gerade in Ballungsräumen tun Fußballvereine gut daran, sich vielfältig aufzustellen, auch bei den Übungsleitern.
Immer noch sehen viele Vorstände Menschen mit Migrationshintergrund vor allem als Problem. Auch in Berlin gibt es Vereine, in denen fast nur Menschen mit den Namen Müller, Schulze oder Krause auf dem Platz stehen. Mit der Lebensrealität vor Ort hat das nichts zu tun; zum Erfolg des Vereins wird das kaum führen.
Ein Blick in die Kader der U-Teams beim DFB zeigt: In der Vielfalt liegt die Chance. Die Zukunft des Fußballs ist nicht Deutschland Urtyp, sondern internationale Gemeinschaft. Die führenden Unternehmen handeln längst entsprechend. In Berlin soll es Menschen jeder Nationalität geben.
Beim FC Internationale sind es zwar nicht 200, sondern nur gut 70. Auch wenn nicht viele Vereine diese Zahl aufweisen können, sollten wir daraus keinen Wettbewerb machen. Wir kommen klar, die Vielfalt macht sogar einen besonderen Reiz unseres Vereins aus. Aber sie ist kein Problem! Was man auch daran sehen kann, dass wir für die Größe des Klubs nur selten vor dem Sportgericht stehen.
Das heißt nicht, dass nur heile Welt herrscht. Natürlich gibt es auch bei uns Streit. Diskriminierungen und Respektlosigkeiten kommen vor. Die Frage ist: Wie gehen wir damit um? In der Regel schreiten wir schnell ein. Es gibt aber auch Fälle, die kompliziert sind und sich nicht sofort aufklären lassen.
So wie kürzlich bei einem Fall, den der junge Schiedsrichter als Diskriminierung auslegte. Angeblich soll von jugendlichen Zuschauern gegenüber einem unserer Spieler das N-Wort gefallen sein. Auch ein Trainer soll mitgemischt haben. Vor Gericht blieb von den Vorwürfen nichts übrig, Videoaufnahmen bewiesen, dass der Beklagte gar nicht am Tatort war. Und die Kumpels des afroafrikanischen Spielers hatten wohl „Digga“ gerufen.
Dennoch ist dem Unparteiischen kein Vorwurf zu machen. Er war in festem Glauben, es läge eine Diskriminierung vor. Und diese zeigte er an. Im Gegensatz zu vielen anderen, die lieber ihre Ruhe und kein Sportgerichtsverfahren wollen. Weghören oder Wegschauen ist aber keine statthafte Option. Nicht in den Fankurven der Stadien, nicht im Breitensport. Diskriminierungen sind leider immer noch an der Tagesordnung und gehören geahndet.
Eine Aufzählung von Ausdrücken ist nicht hilfreich, aber von Rassismus über Homophobie, Frauenhass und Behindertenfeindlichkeit ist alles dabei. Gerade Letzteres scheint bei Jugendlichen im Sprachgebrauch völlig normal zu sein. Und natürlich besteht gerade jetzt die erhöhte Gefahr von Antisemitismus. Nicht nur auf der Straße, sondern auch auf dem Platz. Auf diesem haben die Vereine und deren Vorstände übrigens Hausrecht. Dieses gegen eine größere Gruppe von emotionalisierten Jugendlichen durchzusetzen, ist nicht immer ganz einfach.
Im Zweifel muss man sich Hilfe der Polizei holen, was entgegen landläufiger Meinung glücklicherweise nur sehr selten nötig ist. Der Amateurfußball kann die politischen Verwerfungen der aus den Fugen geratenen Welt nicht lösen. Er kann aber seinen Anteil an respektvollem Umgang leisten.
Das funktioniert besser, wenn nicht nur Spieler, sondern auch die Trainergilde international aufgestellt und offen ist, voneinander zu lernen oder gar zu profitieren. Wir dürfen gerade die jungen Trainerinnen und Trainer nicht überfordern, denn sie haben den Kopf mit der Umsetzung des Spiel- und Trainingsbetriebs ohnehin voll. Vereine sollten daher versuchen, Austausch der Coaches untereinander zu organisieren.
Beim FC Internationale funktioniert auch nicht alles perfekt, aber wir suchen nach Verbesserungen. Am Freitag kommt bspw. der aus dem Fernsehen bekannte Antidiskriminierungs-Experte Prof. Narku Lorenz Laing (www.vielfaltsprojekte.de), um mit uns über Rassimus zu sprechen und in Workshops Lösungsansätze aufzutun. Wer Interesse hat, kann gern dazukommen.