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"Sommermärchen"-Prozess: Kritik an DFB-Schatzmeister Grunwald

Richterin Distler beklagt versuchte Einflussnahme: "Im deutschen Rechtsstaat sehr ungewöhnlich."
|30. Januar 2025|
"Sommermärchen"-Prozess: Kritik an DFB-Schatzmeister Grunwald
"Sommermärchen"-Prozess: Kritik an DFB-Schatzmeister Grunwald

Foto  ©  www.imago-images.de/SID/IMAGO/Revierfoto

Die aktuelle Spitze des Deutschen FuĂźball-Bundes (DFB) ist bei der juristischen Aufarbeitung der „Sommermärchen-Affäre“ unter Druck geraten. Im Prozess zu den GeldflĂĽssen rund um die WM 2006 vor dem Landgericht Frankfurt/Main wurde DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald am Donnerstag von der Vorsitzenden Richterin Eva-Marie Distler fĂĽr seinen zurĂĽckliegenden VorstoĂź hinsichtlich der Steuerthematik heftig kritisiert. „Die versuchte Einflussnahme des DFB ist im deutschen Rechtsstaat sehr ungewöhnlich“, sagte Distler am 19. Verhandlungstag: „Es wäre nicht der erste Schatzmeister, der mit unbedachten Ă„uĂźerungen in Schieflage gerät.“ Zudem wurde Grunwald von Distler vielsagend als „zumindest aktueller“ Schatzmeister des DFB bezeichnet. Hintergrund sind Gespräche Grunwalds im November des vergangenen Jahres mit dem hessischen Finanzministerium, ĂĽber die Grunwald die Oberstaatsanwaltschaft schriftlich informiert hat. Dabei ging es um die Aberkennung der DFB-GemeinnĂĽtzigkeit fĂĽr die Jahre 2006, 2014 und 2015.

Reaktionen und Verteidigungen

Grunwald beklagte in diesem Zusammenhang, dass der DFB deshalb 50 Millionen Euro zurĂĽckstellen musste, was die Arbeit des Verbands gefährde. Das Gespräch mit der Finanzverwaltung sei zur „steuerlichen Befriedung“ und „Beschleunigung“ gefĂĽhrt worden. Der DFB bestätigte, dass zu Beginn des Schreibens auch 2006 erwähnt wurde, inhaltlich gehe es aber nur um 2014 und 2015. DFB-Anwalt Jan Olaf Leisner verteidigte das Vorgehen Grunwalds. Dies sei in der Folge zahlreicher gescheiterter Versuche der Verständigung geschehen. Beim DFB sei „niemand so töricht“, auf ein Strafverfahren „Einfluss nehmen zu wollen“. Mit Blick auf die am Mittwoch bekannt gewordene Klage des DFB gegen seinen frĂĽheren Präsidenten Theo Zwanziger habe der Verband laut Leisner kaum eine andere Wahl gehabt. Der DFB gehe zwar nach wie vor davon aus, dass keine Steuerhinterziehung vorliege, falls dies aber doch der Fall sein sollte, mĂĽsse der DFB Schadenersatz geltend machen. Das dĂĽrfe nicht verjähren.

Beim Prozess in Frankfurt geht es unter anderem um die ominösen 6,7 Millionen Euro, die als Betriebsausgabe fĂĽr eine Gala deklariert wurden. Das Geld wurde 2005 vom WM-Organisationskomitee ĂĽber den Weltverband FIFA mutmaĂźlich an den frĂĽheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus ĂĽberwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von WM-Chef Franz Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den ehemaligen Skandalfunktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen. Der frĂĽhere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gab am Donnerstag als Zeuge an, dass er damals wie heute keine Kenntnis ĂĽber die Verwendung des Geldes habe. Auf der Anklagebank sitzt nur noch Zwanziger. UrsprĂĽnglich mussten sich seit Anfang März 2024 auch Niersbach und Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt wegen des Verdachts der „Hinterziehung, bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer fĂĽr das Jahr 2006 in Höhe von ĂĽber 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB“ verantworten. Das Trio weist die VorwĂĽrfe zurĂĽck. Das Verfahren gegen Niersbach war im August des vergangenen Jahres gegen eine Zahlung von 25.000 Euro an gemeinnĂĽtzige Einrichtungen eingestellt worden. Schmidt bekommt wegen gesundheitlicher Probleme ein abgetrenntes Verfahren. Der Prozess wird am Montag mit der Einlassung Zwanzigers fortgesetzt.