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Schicksalsspiel beim HSV – nicht nur für den Trainer
Darf Merlin Polzin als Trainer beim Hamburger SV überwintern? Disziplin wird beim Heimspiel gegen Greuther Fürth eines der wichtigsten Themen sein
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Merlin Polzin, Interimstrainer beim Hamburger SV, musste bei der Pressekonferenz am Donnerstag schon fast lachen, als er die fünfte Version der Frage „Denken Sie über Ihre Zukunft beim HSV nach?“ beantworten sollte. Er wurde nicht müde zu betonen, dass es ihm nur um das nächste Spiel gegen Greuther Fürth am Samstag gehe und nicht um seine eigene Person.
Der HSV will nach sieben Jahren endlich wieder hoch in die 1. Bundesliga. Welcher Trainer am Ende an der Seitenlinie steht, ist vielen Fans ziemlich egal. Der Kicker berichtete über ein konkretes Interesse an Danny Röhl (35), deutscher Trainer bei Sheffield Wednesday.
Vorstandsboss Stefan Kuntz ist weiter aktiv auf der Suche nach Alternativen zu Polzin. Dieser muss mit seiner Mannschaft dem Vernehmen nach gegen Fürth überzeugend gewinnen, um Chancen auf eine dauerhafte Beschäftigung als Cheftrainer zu haben.
Trainer-Klartext in der Kabine
Überzeugung ist das Stichwort am Volkspark. Denn es hat sie zuletzt kaum noch gegeben. Der Auftritt am letzten Samstag bei Aufsteiger Ulm war vor allem in der ersten Hälfte so erschreckend, dass Polzin in der Kabine explodieren musste, um Besserung herbeizuführen.
Aber auch die zweite Halbzeit war von Fehlern und Disziplinlosigkeiten geprägt. Führungsspieler Daniel Elfadli flog unnötig mit Gelb-Rot vom Platz, in der Nachspielzeit verplemperten die eigenen Spieler unnötige Sekunden. Polzin arbeitete diese Woche „natürlich“ mit seiner „extrem selbstkritischen“ Mannschaft an diesen Fehlern.
Polzin ist hoch anzurechnen, dass er sich dort weiterhin vor die Mannschaft stellt. Seit Jahren leistet sich der HSV ständig derartige Aussetzer, die kein Trainer auf der Welt gutheißen kann. 16 Platzverweise in den letzten drei Saisons sind Rekord in der 2. Liga.
In der Fairnesstabelle stand der HSV in der Saison 2022/2023 auf Platz 16, 2023/2024 auf Platz 15 und gegenwärtig auf Platz 13. Genau das verstehen Fußball-Fans unter dem Satz: „Sie können sich nur selbst schlagen.“
Jahr für Jahr muss der HSV „zu sich selbst finden“
Jahr für Jahr befindet sich der Verein in der Situation, nach Rückschlägen „zu sich selbst finden“ zu müssen. Während die Konkurrenz aus Elversberg oder Paderborn scheinbar einfach zur Arbeit geht, braucht der oft zitierte stärkste Kader der 2. Liga immer wieder ein Aufbauseminar.
Brauchen gut bezahlte Fußballprofis wirklich nochmal den Hinweis, dass im gegnerischen Strafraum keine brutalen Fouls nötig sind?
Der HSV verliert sich in Nebensächlichkeiten, obwohl für den Aufstieg nahezu alle Parameter perfekt stehen. Denn so schlecht die Stimmung aktuell auch ist, mit einem Sieg könnte der HSV direkt wieder an die Aufstiegsplätze anschließen. Fakt ist: Der HSV war in keinem Spiel in dieser Saison chancenlos. Das kann ansonsten kaum ein Klub von sich behaupten. Sogar die aufstrebenden Kölner verloren schon mit 1:5 in Darmstadt.
Unterirdische Leistungen beim Hamburger SV
Bei den Rothosen entstanden selbst die unterirdischsten Leistungen entstanden nicht aus systematischer Unterlegenheit, sondern aus eigener Fahrlässigkeit. In Hannover und Elversberg sorgten jeweils haarsträubende individuelle Fehler und, natürlich, ein Platzverweis für die Niederlage. Zuletzt gegen Darmstadt und Ulm vergab die Mannschaft bestmögliche Chancen. Selbst in Unterzahl sind sie noch in der Lage, Spiele in dieser Liga zu gewinnen. Doch genau da liegt das Problem.
Der Verein muss sich bei aller Qualität im Kader davon verabschieden, alles über dieses Können regeln zu wollen. Fußball ist bei allem neumodernen Performance-Druck zuallererst ein Spiel, indem Fehler vermieden werden müssen. Das schafft der HSV seit Jahren nie konstant über 90 Minuten, egal welcher Trainer an der Seitenlinie stand. Es muss, ab sofort, in diesem Verein wieder darum gehen, die einfachen Dinge richtig zu machen. Spiele müssen zu elft beendet werden.
Spieler dürfen nicht regelmäßig unnötig verwarnt werden. Für Merlin Polzin wird es entscheidend sein, ob er seinen Jungs diese Message vermitteln konnte. Darüber will er „nicht reden, sondern es zeigen“. Mit dem Anpfiff am Samstag gegen Fürth liegt es an den Spielern, diesen Beweis zu erbringen. Ansonsten darf sich wahrscheinlich 2025 der nächste Trainer den Kopf am bald „unaufsteigbarem“ HSV zerbrechen.