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5 krasse Fälle: Wenn die Bundesliga-Tabelle am Grünen Tisch entsteht
Der VfL Bochum gewann auch die Berufung gegen Union Berlin. Nicht das erste Mal, dass der DFB richtungsweisende Urteile sprechen musste

imago/WEREK
Es kam wie erwartet. Auch in der Berufsverhandlung über die Wertung des Spiels Union Berlin gegen VfL Bochum, das im Dezember 1:1 endete, wurden dem Gast die Punkte zuerkannt. Das Sportgericht erkannte den Protest des VfL Bochum an, dessen Torwart Pascal Drewes nach einem Feuerzeugwurf nicht weiter spielen konnte, wodurch seine Mannschaft die Partie in Unterzahl beenden musste.
Das Urteil hat Einfluss auf den Abstiegskampf, weshalb auch Bochums Konkurrenten Holstein Kiel und St. Pauli sich der Berufung von Union anschlossen. Nicht das erste Mal, dass ein DFB-Urteil die Bundesligatabelle durcheinander wirbelte. Das waren die fünf krassesten Eingriffe am Grünen Tisch in den Wettbewerb.
Arminia Bielefelds Rauswurf (1972)
In der Saison 1970/71 hatte die Arminia Spiele gekauft und damit den Abstieg vermieden. Aber alles kam im Laufe der nächsten Saison heraus. Am 19. Februar 1972, einem Samstag, beschloss das Sportgericht Arminia Bielefelds Zwangsabstieg. Wie zum Trotz schlug sie am Nachmittag Werder Bremen (1:0), außerdem legte man Berufung ein. Erst Mitte April herrschte, sechs Spiele vor Schluss, Klarheit: Der Einspruch wurde abgelehnt. Arminia musste runter, aber die Saison noch zu Ende spielen. Die Ergebnisse gingen nur in die Bilanzen des Gegners ein – ein Novum in 62 Bundesligajahren. Wer also gegen Arminia verlor, was nach dem ersten Urteil noch dreimal passierte, bekam keine Punkte. Der Abstiegskampf wurde dadurch ziemlich entspannt, nur Borussia Dortmund musste noch runter, was am 32. Spieltag feststand.
Dresdens Hypothek (1993)
Nach zwei Jahren deutscher Einheit auch im Fußball war nur noch Dynamo Dresden als Ost-Vertreter in der Bundesliga. Das schafften die Sachsen 1992/93 mit unlauteren Mitteln. Wegen gefälschter Lizenz-Unterlagen wurde der Verein vom DFB am 12. Mai 1993 zu einem Abzug von vier Punkten verurteilt. Allerdings erst für die kommende Saison, in die Dynamo mit einer negativen Punktzahl ging. Dagegen klagte der VfL Bochum vergeblich, der statt Dynamo absteigen musste. Die Dynamo-Fans wiederum sammelten 50.000 Unterschriften gegen den Punktabzug.
Auch das vergeblich, ihr Verein ging als erster Abstiegskandidat in die Saison 1993/94. Doch das Wunder geschah, Dynamo Dresden blieb drin und rettete sich am 33. Spieltag über die Ziellinie. Der Held der Massen trug den passenden Namen und war der Trainer. Siggi Held sagte nüchtern: „Es ist kein Himmelfahrtskommando gewesen, sondern eine sportliche Aufgabe.“
Eintracht beklagt Lynchjustiz (2000)
Vor dem 30. Spieltag 1999/2000 schockte ein Sportgerichtsurteil die Fans von Eintracht Frankfurt. Am 14. April 2000 wurden dem Verein zwei Punkte abgezogen – wegen Auflagenverstößen. Zudem waren 500.000 DM Strafe zu entrichten. Grund: Für Transfers in der Winterpause wurde zu viel Geld ausgegeben. Dadurch rutschten die Hessen vom 14. auf den 16. Platz, Verteidiger Alex Schur sprach erbost von „Lynchjustiz“. Die Konkurrenz wiederum hielt das Urteil für zu milde. SC Freiburgs damaliger Manager Andreas Rettig: „Die müssen eigentlich Freudensprünge machen““ Wie ging es aus? Weil sie mit Felix Magath schon einen ausgewiesenen Feuerwehrmann auf der Trainerbank hatten, rettete sich die Eintracht am letzten Spieltag im Abstiegsfinale gegen Ulm (2:1) und wurde Vierzehnter.
Pfostenbruch-Urteil kostet Gladbach fast den Titel (1971)
Auch eine der kuriosesten Szenen der Bundesligageschichte landete vor dem Sportgericht. Am 3. April 1971 brach in der Partie zwischen Meister Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen beim Stand von 1:1 in der 88. Minute der Pfosten. Borussen-Stürmer Herbert Laumen war nach einem Luftduell ins Netz gefallen (der Ball nicht) und riss das morsche Gestänge aus der Verankerung. Die Latte löste sich, ein Pfosten brach und konnte auf die Schnelle nicht repariert werden. Der Schiedsrichter brach das Spiel ab, über die Wertung beriet das Sportgericht trotz des Appells des Kicker („Entscheide schnell, DFB!“) erst 26 Tage später. Für Gladbach ging es um die Titelverteidigung, und die war fünf Spiele vor Saisonschluss höchst gefährdet. Denn der DFB nahm Borussia die Punkte weg, denn man hätte für ein Ersatztor sorgen müssen und habe offenkundig wenig Interesse an der Fortsetzung gehabt, da Borussia der Punkt zu wenig gewesen wäre. Statt der von ihr erhofften Wiederholung gab es also eine Niederlage per Gerichtsbeschluss, gegen die sie Berufung einlegte. Die wurde am 19. Mai, drei Spiele vor Schluss, abgelehnt. Trainer Hennes Weisweiler grollte, er wolle die Meisterschale nicht anfassen, wenn er sie doch noch gewänne. Das Urteil führte auch zu Fanprotesten, Schmähplakaten auf den Rängen und dazu, dass Borussia als Zweiter in den letzten Spieltag ging, an dem Widersacher FC Bayern aber in Duisburg Nerven und Spiel verlor. Borussia wurde mit einem 4:1 in Frankfurt doch Meister, der Pfosten schaffte es in Vereinsmuseum.
Hypothek für Kaiserslautern 2003
Wie zehn Jahre zuvor Dynamo Dresden startet auch der 1. FC Kaiserslautern mit Minuspunkten in die Saison – in diesem Fall sind es drei. Das Urteil vom 27. März 2003 fußt auf der Feststellung von „Verstößen gegen das Lizenzspielerstatut“. DFB und DFL seien „wesentliche Verträge im Zusammenhang mit Persönlichkeitsrechten vorenthalten worden“. Heißt: Insbesondere die Top-Gehälter der Superstars um Youri Djorkaeff wurden auf kreative Weise aufgebessert. Es flossen auch Gelder für Werberechte an Agenturen, die den Spielern gehörten oder die mit ihnen zusammen arbeiteten. Diese Form von „verdeckten Lohnzahlungen“ interessierte auch das Finanzamt. Da die Verstöße nicht in die laufende Saison fielen, sondern in die Jahre 1998 bis 2002 unter einem anderen Vorstand, fiel die Strafe in die nächste. Wegen des Abzugs kämpfte der FCK mit Jungstar Miroslav Klose („Es war von Anfang an verkorkst“) bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg. Der ereilte sie dann 2006.